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Der im Phänomen Verlag erschienene Essay von Sabine Melchiori und Hardy Fürch beschäftigt sich mit der Tatsache, dass aus der bisherigen Zersplitterung des Denkens eine neue, einheitliche Weltschau auf den Planeten entstehen muss. Sehr empfehlenswert, um tiefer in die Thematik einzudringen. Zu lesen ist er HIER.

Von Freyma
(Marleen Miotke)

Vor dem Hintergrund, Jahre in gefühlter Einsamkeit verbracht zu haben, spielt Gemeinschaft in meinem Leben heute eine entscheidende Rolle. Dabei rede ich von Gemeinschaft als einem Ort menschlichen Miteinanderseins und als eine Qualität der Verbindung. Es geht nicht um das bloße Zusammensein – was auch, in Ergänzung, schön sein kann. Ich rede von Gemeinschaft als einem Ort, an dem ein mitfühlender Blick hier, ein authentisches Teilen dort, menschliche Berührbarkeit, gar eine süße Träne Platz haben.

Wenn wir in unserem Zusammensein für solche Begegnungen Räume schaffen, dann öffnen sich plötzlich graue Türen zu bunten Facettenpalästen. Ein ganz neues Wesen meiner Mitmenschen blinkt dann hervor und ich sehe neue Winkel meines eigenen. Denn wir (an)erkennen uns nur wechselseitig als Wesen, wenn wir im Mensch-zu-Mensch-Kontakt sind. Wir brauchen Zeugen für unsere menschliche Erfahrung. In diesem Zusammenhang bedeutet Gemeinschaft nicht die Flucht von mir weg, sondern ist ein Weg zu mir hin.

Fehlende Orte der Gemeinschaft

Je mehr ich das verstehe, umso klarer begreife ich eine gewisse Diskrepanz. Ich sehe eine Welt, in der die Anzahl der Menschen wächst, und ich bemerke gleichzeitig, dass Orte von Gemeinschaft – als Orte von Verbindung und Anteilnahme – oft fehlen (Ja, sie fehlen mir.) Und ich staune, worüber und wie viel Menschen reden können, ohne dabei auf die für uns wesentlichen Dinge einzugehen. Bedürfnisse, wahres Befinden, Ängste und Wünsche etwa.

Obwohl wir heute im Tun so „umtriebig“ sind wie noch nie, bleibt oft Leere zurück. Die To-Do-Listen und Inhalte werden immer länger. Die To-Be-Listen stehen hinten an und die Frage „Wie geht es dir?“ gleicht oft einer Floskel. Endlich verstehe ich, dass innere Leere nur eine logische Folge sein kann, wenn die Berührung unseres wesentlichen Kerns in dem, was wir tun und wie wir miteinander umgehen, ausbleibt. Ist doch die Qualität des eigenen menschlichen Seins auch im Tun und von der Seele erst erlebbar, wenn sie durch das goldene Band Verbundenheit mit ihrer Umgebung in Kontakt steht. Tun geht dann im Sein auf.

Ehrliches Teilen und offenes Hinschauen

Wie diesen Kontext von Verbundenheit nun herstellen? Wie diese Art von Teilen und wesentlichem Austausch kreieren? An erster Stelle braucht es einen Vertrauensraum, in dem alle Akteure Haupt- sowie auch Nebenrolle gleichzeitig spielen dürfen – wo Mensch sein darf, wie er ist, und wo er gewohnte Masken hinter sich lassen darf.

In diesen Räumen geht es einerseits darum, sich zu zeigen, um ehrliches Mitteilen. Anderseits geht es um die Bereitschaft, offen hinzuschauen, unvoreingenommen wahrzunehmen und diesen Menschen in seinem So-Sein anzuerkennen. Wie harmonisch oder irritierend ich diese Begegnung auch wahr- oder annehme: Basiert sie auf Vertrauen und förderlichen Absichten, kann sich ein erweitertes Gefühl meiner selbst einstellen. Vielleicht sogar die Berührung im eigenen Herzen. Dann sind ein Blick und ein Austausch eines der kostbarsten Geschenke, das wir einander machen können.

Würde ich ein Bild für diese Einsicht heranziehen, wäre es ein Kornblumenfeld. Wir wären Blumen, die sich gegenseitig stützen, auch bei Sturm, und die im Schein der Sonne und des Mondes nebeneinander wachsen und ruhen und mit der eigenen Blütenpracht die der Nebenblume bejubeln. Mir wurde klar, dass solch eine Art der Verbindung wie ein Nährboden ist, auf dem die schönsten Blumen wachsen können. Auf solch ein Feld schaut der Himmel und lächelt, weil er so viele anders aussehende und leuchtende Blumen erblickt.

Das eigene Potenzial leben

Das eigene Potenzial allein für sich zu erspüren, ist viel schwieriger. Ich habe es nicht geschafft, und ich glaube, dass wir den süßen Duft unser Nachbarblumen dafür benötigen. Genauso wie das frische und prickelnde Wasser der Inspiration, das Teilen von Wissen sowie den Austausch von Erfahrung. Das brauchen wir, um den eigenen Weg zu finden, einzuschlagen und/oder weiterzugehen. Das Erspüren, Erleben und der Ausdruck des eigenen Potenzials sind fundamental für die eigene Vitalität, die Qualität in unserem Leben. Erlebe ich mein Potenzial, werden Momente des wahren Selbstausdrucks möglich, in denen ich in tiefster Verbindung mit allem bin, was mich umgibt.

Dann gehe ich nicht nur meinen Weg, gehüllt in meinen Umhang der Marke Individualität, sondern gehöre zu einer Gesellschaft, in der ich unsere Lebensumstände gemeinschaftlich mitgestalte, indem ich meinen Weg gehe.

Dieses Selbsterleben brauchen wir heute. Und ich wünsche mir so sehr durch die Gestaltung eines tragenden Miteinanders die Erfahrung dieser tiefen Wahrheit für uns alle. Die Verbundenheit, die wir dann finden, ist gespannt durch goldene Bänder, wird gemeinschaftlich getragen und fängt das Individuum auf, wenn es Halt benötigt.

Zusammen neue Wege gehen

Unsere Welt „braucht“ dieses sich unterstützende Umfeld von Menschen, damit wir zusammen neue Wege gehen können. Wollen wir weitergehen, müssen wir gemeinsam gehen. Und dieser Weg wird uns nur berühren, wenn es um das Wesentliche geht: Verbundenheit nach außen und darüber die Verbundenheit zu unserem eigenen innersten Wesen.

Ich wünsche mir eine Welt, in der ich das nicht nur in meinen engsten Kreisen erlebe, sondern überall. Auf der Straße, im Supermarkt, im Bus. Stell dir vor, du trittst vor die Haustür und jeden Tag ist Fußball- WM! Ja, dieses Gefühl und diese Magie wird möglich, wenn wir anfangen, das menschliche Sein in den anderen zu sehen und unser eigenes zu zeigen. Ich schaue liebevoll, da ich um dein Menschsein in dir als anderer Person weiß, und ich werde freundlich angeschaut. Wir lächeln. Ich bin. Und ein Gefühl von Zugehörigkeit gesellt sich freudig und natürlich dazu.

Wenn wir unser Miteinander so gestalten, dass wir Raum für menschlichen Austausch haben, wird Wesentliches fühlbar und Leben wunderbar lebendig. Dann ist Schluss mit Leere und Einzelkämpferei und ganz neue Dimensionen unseres Zusammenseins sind möglich – davon bin ich überzeugt

[Bild von Adina Voicu auf Pixabay]

von Peter Zettel

Von kompliziert zurück zu komplex. Keine Sorge, die Welt bleibt, wie sie ist und auch schon immer war, da muss man nichts ändern. Tiere haben es da verdammt gut. Die verhalten sich ganz klar nach komplexen Prinzipien, die denken nicht kompliziert, so wie wir Menschen das so wunderbar können.

Die Menschheit hat sich in dem komplexen Lebensraum Erde einen ganz eigenen geschaffen, mit eigenen Spielregeln. Und da dieser Raum vor allem mechanische Dinge enthält, brauchte es dafür mechanische Regeln. Wie soll man sonst auch Häuser, Viadukte und all die Dinge bauen, die das Leben so angenehm machen? Das Blöde war nur, dass der Mensch irgendwann auf die unsinnige Idee kam, diese mechanischen Regeln auch auf sich selbst anzuwenden. Echt dumm gelaufen, aber passiert ist nun einmal passiert.

Seit ungefähr einem Jahrhundert sind die Physiker darauf gekommen, dass unser Verständnis von der Welt irgendwie unvollständig ist. Das hatten auch schon andere Philosophen vor ihnen erkannt, nur die Physiker konnten das ganz pragmatisch auch noch nachweisen. Ihre Erkenntnisse waren eben nicht philosophischer Natur, sondern technischer. Die Erörterung grundsätzlicher Fragen kam bei ihnen erst danach. Und diese Erkenntnisse haben still und leise unsere Menschenwelt verändert, und das gewaltig. Weil diese Erkenntnisse in unsere Technik allgegenwärtig und nicht mehr wegzudenken sind. Und scheinbar hat das auch unser Denken verändert.

Ob das der einzige Grund ist, warum wir gerade Feuer unter dem Dach haben und ob die Tatsache der regelrechten Explosion der Bevölkerungszahlen dabei eine Rolle spielen, vermag ich nicht zu sagen. Aber ich vermute, dass es das grundlegende Problem deutlicher und drängender macht. Technisch sind wir interessanterweise einen Schritt zurückgegangen, wir haben nämlich damit begonnen, die Komplexität zu entdecken. Das ist ja keine neue Erfindung, die galt schon immer, nur wir Menschen haben das ganz offensichtlich perfekt ausgeblendet. Oder ignoriert, keine Ahnung.

Wir stoßen gerade mit unserer Art, die Dinge nach mechanischen Regeln managen zu wollen, gewaltig an die Wand. Mir kommt das vor wie in der Truman Show. Alles nur ein Fake. Sehr realistisch, aber eben nicht echt und am wirklichen Leben komplett vorbei. Ich jedenfalls fühle mich seit einiger Zeit wie Truman Burbank und bin mit meinem geistigen Segelboot gerade durch den Horizont gekracht. Auf einmal sieht alles ganz anders aus. Nur nach welchen Regeln soll man sich da orientieren, wenn die alten doch irgendwie nicht stimmen, unvollständig sind?

Immanuel Kant hat für die Menschenwelt seiner Zeit einen perfekten Gedanken ausgesprochen, seinen kategorischen Imperativ: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.“ Das könnte auch heute noch perfekt funktionieren. Könnte man meinen. Tut es aber leider nicht. Auch nicht, wenn ich in die Zeitung schaue, auch ganz offensichtlich nicht. Denn irgendwie haben wir den Horizont des mechanischen Denkens und damit auch den eigenen Horizont, also unser eigenes Weltbild, durchstoßen. Wenn schon Physiker sagen, dass das mit den Naturgesetzen nichts ist, es sind nämlich keine Gesetze, sondern nur Beschreibungen, dann gilt das auch für unser eigenes Denken (sehr empfehlenswert: Natalie Knapp, Der Quantensprung des Denkens: Was wir von der modernen Physik lernen können).

Wir „funktionieren“ ganz anders, als wir üblicherweise dachten. Und mit starren Gesetzmäßigkeiten ist da kein Kohl mehr zu gewinnen. Gesetze, Regeln und Methoden funktionieren nicht, haben sie auch noch nie wirklich. Nur jetzt bekommen wir das gewaltig zu spüren und merken, dass wir auf der falschen Seite des Astes sitzen, an dem wir sägen. Was also tun? Klar, anderes denken, keine Frage. Doch damit ist der Umgang miteinander noch nicht so geordnet, dass wir sagen könnten, es passt. Jede Zeit braucht ethische Prinzipien, die die Menschen zum einen verstehen und die auch zum anderen den Erfordernissen ihres alltäglichen Lebens gerecht werden.

Natürlich sollte man sich immer noch an Regeln und Gesetze halten, so wie auch Newtons Physik noch immer ihre Gültigkeit hat. Aber es ist etwas dazugekommen, lässt uns die Welt mit anderen Augen sehen. Der Anwendungsbereich der klassischen Physik ist kleiner geworden, er gilt eben nicht mehr für das Miteinander, für unsere Beziehungen. Wie gesagt, es hat noch nie wirklich funktioniert, nur jetzt merken wir es überdeutlich. Das heißt, wir müssen auch unsere Ethik unserem veränderten Weltbild entsprechend neu formulieren.

Täten wir das, wäre es wohl wesentlich leichter, sich in dieser neuen alten Welt angemessen zu bewegen. Wir brauchen definitiv das Verständnis für eine weitergehende Ethik. Meine Überzeugung ist, dass wir nicht mehr nur vom Handeln ausgehen dürfen, wie Kant, sondern wir müssen wesentlich grundsätzlicher vom Denken ausgehen. Etwa in dieser Art: Denke so, dass deine Gedanken, Ideen und Vorstellungen das Leben aller lebenswerter machen. Ich weiß, das ist noch nicht griffig genug. Doch die Richtung stimmt!

… das ist klar. Neulich las ich und konnte dem nur zustimmen: noch mehr als ein Paradigmenwechsel brauchen wir einen Ontologiewechsel. Aber lassen wir diese Feinheiten. Nennen wir’s einfach “grundlegenden Bewusstseinswandel”. Meistens beschäftigen wir uns – wohl auch wegen der empfundenen Zeitknappheit – mehr mit den äußeren Dingen des Wandels des sozial-ökologischen Wandels. Doch solange wir uns nicht mit den tieferen Ursachen beschäftigen, weshalb wir uns beinahe täglich (ja wir alle, auch ich) an der Weltzerstörung beteiligen; solange wir unser Augenmerk nur auf die quantitiven Aspekte richten (weniger COs, weniger Plastik, weniger Fleischkonsum etc.) statt auf die qualitativen (Respekt vor allem, was lebt; Einsicht in unser Teilsein des Ganzen; Demut statt Hochmut etc.), so lange werden wir die Umkehr nicht schaffen.

Sepp Stahl, Urgestein der Wandelbewegung, Wackersdorf-Aktivist und engagierter Christ, hat sich vor einigen Jahren die Mühe gemacht, viele spannenden Aspekte und Quellen des anstehenden Bewusstseinswandels zusammenzutragen und miteinander zu verknüpfen. Weiterlesen

Vor ein paar Jahren habe ich mal in Sieben Linden eine Ausbildung zum Dragon-Dreaming-Trainer gemacht, sogar mit John Croft persönlich. Umso mehr freue ich mich, dass diese großartige Methode zunehmend an Gewicht gewinnt und Astrid in ihrem Blog ausführlich berichtet, worum es geht:

“Was wäre, wenn wir schönere Städte hätten, wo man sich auch als Fußgänger sicher bewegen kann? Wenn wir kein Auto mehr brauchen würden? … Wenn wir nicht mehr in Urlaub fahren würden, weil es bei uns so schön ist? Wenn wir eine interessante und wichtige Arbeit hätten? Was wäre, wenn wir mit netten Menschen zusammen leben würden? Und wenn keiner mehr befehlen und keiner mehr gehorchen müsste? …

Am Anfang ist immer der Traum. Die Sehnsucht. Nun werden die wenigsten Träume wahr. Aber es gibt einen Weg, eine unglaublich effektive Methode, wie man gemeinsam Projekte verwirklichen, sich einigen und Entscheidungen treffen kann, ohne dass einer sagt, wo es langgeht und alle anderen folgen. Wo alle sich einbringen und alle beteiligt sind: das Dragon Dreaming.”

Wer wagt es, das wahrzuhaben: maximal noch fünf Jahre, bis das Erdklima endgültig entgleist. Wagt man dennoch, der Gefahr ins düstere Auge zu blicken, scheint es nur die drei berühmten Reaktionsmöglichkeiten zu geben: Flucht, Erstarren oder Angriff. Nur: Egal, wie wir reagieren, es wird voraussichtlich zu spät sein.

Dann vielleicht doch mal kurz innehalten und ein Weilchen nachdenken. Es hat Tausende von Versuchen gegeben, die Welt zu einer besseren zu machen. Und praktisch alle sind gescheitert. Die für die Bundesrepublik einst angedachte „soziale Marktwirtschaft“ sollte den Kapitalismus zähmen und in eine heitere Zukunft führen. Heute erntet der Begriff „soziale Marktwirtschaft“ bei denen, für die er gedacht war, bestenfalls ein schmerzliches Lächeln. Auch dieser Versuch ist gescheitert. 2018 meldete die Caritas: 37.000 junge Menschen ohne Zuhause. „Soziale Marktwirtschaft“ ist etwas anderes.

Da unsere Versuche all die letzten Jahrhunderte gescheitert sind, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch unsere Rettungs- oder Eindämmungsversuche in den nächsten zwei bis fünf Jahren scheitern werden. Warum? Weil wir nicht bereit sind, die Koordinaten unseres Denkens zu verändern. Weil wir nicht bereit sind, die Liebe zum Zentrum unseres Handelns zu machen. Die Alternative „Gott oder Mammon?“ ist falsch. Gott und Mammon haben sich die letzten Jahrtausende hindurch weltweit bestens vertragen. Nein, die Alternative muss heißen: „Liebe oder Mammon?“ Erst, wenn wir uns für die Liebe entscheiden, haben wir eine Chance. Am besten gleich jetzt. Es ist vielleicht unsere letzte.

Wir brauchen eine radikale Änderung unserer Wirtschafts- und Lebensweise

Ein Zwischenruf von Bernd Winkelmann / Akademie für solidarische Ökonomie

Folgenden Zwischenruf halten wir für eine ausgezeichnete, klare und übersichtliche Zusammenfassung des Status Quo und der sich daraus ergebenen – ökoligenten – Konsequenzen:

I. Worum es geht

1. „Wenn die Alten taub sind und blind, werden die Kinder schreien und ihnen die Augen öffnen!“
(„Des Kaisers neue Kleider“, Bibel Ps. 8,3).
Genau das geschieht in dieser Zeit: Greta Thunberg hat mit ihrem Schülerstreik Fridays for Future eine
Bewegung ausgelöst, in der tausende Kinder und Jugendliche gegen eine halbherzige Umweltpolitik protestieren.
In Folge sind tausende Wissenschaftler als Scientists for Future aus ihrer Zurückhaltung ausgestiegen
und bestätigen, dass es keine lebenswerte Zukunft auf unserer Erde gibt, wenn wir nicht jetzt eine
radikale Änderung unserer Wirtschafts- und Lebensweise einleiten.(1)

2. Die gravierendsten Symptome einer drohenden ökologischen Katastrophe sind:

  • Der Klimawandel: Um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen, müsste der weltweite CO2-
    Austoß jährlich um 6% reduziert werden. Doch er steigt jährlich um 3%. Bleibt es bei dieser Entwicklung,
    könnte die Erdtemperatur am Ende des Jahrhunderts um 3-4 Grad gestiegen sein.(2) Um das zu verhindern,
    bleibt uns für unser Handeln ein Zeitfenster von ca. 10-15 Jahren. (3)
  • Das Artensterben: Seit 1970 ging die Zahl der wildlebenden Wirbeltiere weltweit um ca. 60% Prozent
    zurück. Besonders gravierend ist das Insektensterben; der Schwund der Insektenbiomasse liegt zwischen
    40 und 80%. Damit verliert das Biosystem unserer Erde das wohl wichtigste Standbein seiner Stabilität
    und Fruchtbarkeit. Hauptverursacher ist die Chemisierung der Landwirtschaft.(4)
  • Hinzu kommt der Verlust an Wäldern, an Ackerland, an Trinkwasserressourcen und unwiederbringlichen
    Bodenschätzen, die Versauerung und Vermüllung der Meere, das weitere Bevölkerungswachstum.
    Nach Erkenntnissen der Evolutionswissenschaften hat es eine so schnelle und umfangreiche Beschädigung
    unseres Erdsystems nur bei großen Asteroideneinschlägen gegeben, zuletzt beim Aussterben der
    Dinosauriere vor 65 Mil. Jahren.

3. Hinter diesen Symptomen steht das viel umfassendere Problem: Die generelle Überlastung des Ökosystems
durch uns Menschen. Sie wird deutlich am Ökologischen Fußabdruck, der die Belastungsgrenze unseres
Erdsystems ausweist. Er liegt weltweit um etwa das 1,7-fache, in Deutschland um das 3-4-fache
über dem für unsere Erde verträglichen Maß. Diese Überlastung unseres Ökosystems kommt aus dem
entgrenzten Wachstum in der Bewirtschaftung unserer Erde. Das schafft uns in den entwickelten Industrienationen
einen nie dagewesenen Überfluss an materiellen Gütern, mit dem wir aber nicht nur das Ökosystem
empfindlich überlasten, sondern auch die Lebensmöglichkeiten unserer Kinder und Enkel berauben.
Der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Kenneth E. Boulding, USA, stellt fest: „Jeder, der glaubt,
dass exponentielles Wachstum für immer weitergehen kann in einer endlichen Welt, ist entweder ein Verrückter
oder ein Ökonom.“

4. Damit verbunden ist eine weitere Irrsinnigkeit unserer Zivilisation: die ausbeuterischen Bereicherungswirtschaft
der Mächtigen: Der Wohlstand der reichen Industrieländer ist nur zu 50-60% durch eigene
Leistung erarbeitet, ansonsten durch die Ausbeutung der Natur und anderer Völker. So ist das Vermögen
der Milliardäre im Jahr 2018 um 12% gestiegen, während das Vermögen der unteren Hälfte der Weltbevölkerung
um 11% gesunken ist. Die 26 reichsten Menschen der Welt verfügen über so viel Nettovermögen
wie die arme Hälfte der Weltbevölkerung.(5)

Deutlich ist: unser Wirtschaftssystem hat zwar nie dagewesene Reichtümer geschaffen, aber mit dieser
Bereicherung hat es in eine noch nie dagewesen Krise der menschlichen Zivilisation geführt.
Bleibt es bei dieser Entwicklung, kommt es in den nächsten Jahrzehnten mit den ökologischen Verwerfungen
auch zu schweren sozialen und politischen Verwerfungen, zu Hungeraufständen, zu Massenmigrationen,
zu Rohstoffkriegen, zu weltweiten Zusammenbrüchen (H. Lesch „Die Menschheit schafft sich ab“)

5. Immer mehr setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Ursachenfrage zur Systemfrage wird. Das heißt:
Wir können die Fehlentwicklung unsere Gesellschaft nur überwinden, wenn wir „radikal“, also von den
Wurzeln (radix), den zerstörerischen Ursachen her das vorherrschende System hinterfragen – so wie es
Greta Thunberg in Kattowitz tat. Graeme Maxton, ehemaliger Generalsekretär des Club of Rome stellt
fest: „aus dem gegenwärtigen System ist es nicht möglich, eine nachhaltige Wirtschaft zu entwickeln… Die
Zielrichtung muss systemisch verändert werden.“(6) Der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber stellt
fest: „Wir müssen unsere Zivilisation neu erfinden.“(7)

Die Systemfrage stellen heißt, herausfinden, 1. was in unserer Wirtschaftsweise systemisch zu deren
Fehlentwicklungen führt, 2. was im System umgebaut werden muss, damit diese Fehlentwicklungen
überwunden werden. Die Systemfrage muss auf der mentalen und strukturellen Ebene gestellt werden.

6. Die Ursachen auf mentaler Ebene liegen in einem einseitigen materialistischen Verständnis von Leben:
gutes Leben wird mit viel Haben verwechselt (Erich Fromm): Besitzstandswahrung, immerwährendes
Wachstum und Wohlstandsmehrung, Sich-immer-mehr-leisten-können gelten als höchste Güter, obwohl
die meisten Menschen wissen, dass sie davon nicht glücklich werden, sondern Werte wie Vertrauen,
Wertschätzung, Empathie und Gemeinschaft viel wichtiger sind (Gerald Hüther).

7. Die Ursachen auf struktureller Ebene liegen in den Leitprinzipien der kapitalistischen Wirtschaftsweise:
Wirtschaft habe in erste Linie der Mehrung von Kapital in Privatverfügung zu dienen. Aus Kapital muss
mehr Kapital werden, das wieder gewinnträchtig angelegt werden muss – angefeuert vom Profitstreben
und Konkurrenzdruck. Darum muss Wirtschaft fortwährend wachsen. Im kapitalistischen Wirtschaftsprinzip
liegt somit der systemische Hauptantrieb für den Wachstumszwang unseres Wirtschaftssystems und
damit für das Überschreiten des ökologischen Fußabdrucks und die Ausbeutung der Völker.
Der Philosoph Richard David Precht stellt fest: Der „Kapitalismus“, der immer „wachsen muss“, „wird wohl
in diesem Jahrhundert die Erde weitgehend unbewohnbar machen.“(8)
Der Befreiungstheologe Leonardo Boff mahnt immer wieder: Erst wenn wir den Kapitalismus als Schlüsselursache
für unsere zivilisatorische Krise erkennen, können wir diese Krise bewältigen.(9)
Die Elite in Wissenschaft, Kultur, Religionen und Zivilgesellschaft sollten endlich den Mut haben, das
Kind beim Namen zu nennen, d.h. die kapitalistische Wirtschaftsweise als Fehlkonstruktion (Krebsschaden)
unserer Gesellschaft zu entlarven.

8. Wir brauchen tatsächlich eine „Neuerfindung unserer Zivilisation“, eine radikale Änderung unserer Zielvorstellungen,
unserer Lebensweise und ökonomischen Ordnungsstrukturen.
Ziel allen Wirtschaftens kann nicht der höchstmögliche Profit in Privatverfügung der Wenigen sein,
sondern die Erstellung nützlicher Produkte, Dienstleistungen und sinnvoller Arbeitsplätze
– dies in unbedingter Bewahrung unseres Ökosystems, in gerechter Teilhabe aller, in der Entwicklung
eines zukunftsfähigen Gemeinwesens.

9. Vor allem muss die Wachstumsökonomie in eine Gleichgewichtsökonomie transformiert werden, in der
sich unser Wirtschaften auf unter 100% der ökologischen Belastungsgrenze einpendelt. Das geht nicht
ohne eine zwischenzeitliche Schrumpfungsökonomie, eine Verringerung des Material- und Energiedurchsatzes
auf allen Gebieten.

10. Das geht nicht ohne eine Entschleunigung der wirtschaftlich-technologischen
Entwicklung. Und das geht wiederum nicht ohne Verzichte auf Bequemlichkeiten und Wohlstandsprivilegien,
die durch die Ausplünderung der Natur und durch Ausbeutung anderer Völker zustande kommen
und uns zudem innerlich verarmen lassen. Das wird an einigen Punkten wehtun, aber nur so zu einem erfüllterem
Leben befreien und Zukunft ermöglichen.

II. Was konkret geschehen muss

1. Notwendige Reformschritte im System der Sozialen Marktwirtschaft

  • Verabschiedung vom Irrglauben ständigen wirtschaftlichen Wachstums
  • Primat der Politik gegenüber der Wirtschaft durchsetzen
  • Machtbegrenzung und hohe Besteuerung der Weltkonzerne; Finanztransaktionssteuer u.ä.
  • Aufgabe schädlicher Subventionen, z.B. der Kohle- und Atomindustrie, des Flugbenzins u.a.
  • Umstieg auf Kreislaufwirtschaft, Durchsetzung des Verursacherprinzips
  • Durchsetzung von konsequenten Ökosteuern, z.B. CO2-Steuer, Plastiksteuer u.ä.
  • Schnellstmöglicher Umstieg auf regenerative Energie, drastische Senkung des Energieverbrauchs
  • Umstieg und konsequente Förderung der biologischen Landwirtschaft
  • Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel
  • Entprivatisierung der Öffentlichen Güter

2. Handlungsmöglichkeiten der Einzelnen:

  • Das eigene materielle Verbrauchen von Ressourcen und Gütern so gering wie möglich halten
  • Wo möglich, gemeinsames Nutzen, reparieren statt neu kaufen und alles für sich haben wollen
  • Drastisches Reduzieren oder Vermeiden von Flugreisen
  • Umstieg auf die kleinsten PKWs, Elektroauto, Fahrrad, Bahn und öffentlichen Nahverkehr
  • Möglichst biologische Nahrungsmittel, fleischreduzierte Ernährung
  • Kritischer Einkauf von Textilien und im Ausland produzierten Gütern (Herstellung, Fairer Handel)
  • Unterstützen von Initiativen, Gruppen und Parteien, die in dieser Richtung wirken.

Merke: In alldem müssen wir nicht perfekt sein. Die Änderung der Sichtweise, die Anfänge und kleinen
Schritte sind entscheidend für eine andere Politik und zivilisatorische Wende.

3. Entwicklung einer Postkapitalistischen Ökonomie

Die Änderungen im bisherigen System und in der Lebensweise der Bürger werden allein die systemischen
Fehleinstellungen unserer Wirtschaftsweise nicht überwinden. Nötig ist vielmehr,
das Wirtschaftsprinzip ständiger Kapitalakkumulation hinter sich zu lassen und die kapitalistischen
Abschöpfungs-, Bereicherungs- und Externalisierungsmechanismen aus den Wirtschaftsabläufen herauszunehmen
und durch nachhaltige, solidarisch-kooperative Wirtschaftsstrukturen zu ersetzen.
Die wichtigsten Systemveränderungen wären in etwa:

  • eine neue Finanzordnung, Abschaffung des Kapitalzins und der spekulativen Geldgeschäfte; das Bankensystem
    als reine Dienstleistung in öffentlicher Hand, in dem keine Gewinne erzielt werden;
  • eine Eigentumsordnung, in der Eigentum zum eigenen Lebensunterhalt aber nicht mehr zur leistungslosen
    Abschöpfung fremder Leistung genutzt werden kann (z.B. Wuchermieten); in der Grund und Boden
    wieder in Gemeineigentum übergehen;
  • eine partizipatorische Unternehmensverfassung, in der ökologische, soziale und gemeinwohlorientierte
    Kennzahlen in die Bilanzrechnung der Unternehmen eingeführt und eine demokratische Teilhabe aller
    am Unternehmen Beteiligten realisiert wird;
  • ein leistungsgerechtes und solidarisches Lohnsystem, in dem die Entlohnung a l l e r nach Tarifen in
    einer Spreizung von maximal bis zu 1:10 gezahlt und Mindestlöhne gewährt werden;
  • eine neue Arbeitskultur, in der die schwindenden Arbeitsplätze durch Absenken der Regelarbeitszeit so
    geteilt werden, dass jeder Arbeitsfähige Erwerbsarbeit findet und neben der Erwerbsarbeit Eigenarbeit
    und Gemeinwohlarbeit als gleichwertig gelten und gelebt werden können.

Auf dem Weg dorthin gibt es schon heute eine Fülle von theoretischen Entwürfen, von praktizierten Modellen
und Bewegungen. Die Akademie Solidarische Ökonomie hat in ihren Büchern und Bausteinen den Entwurf
einer postkapitalistischen Ökonomie skizziert. Die Degrowth-Bewegung, die Postwachstumsgesellschaft
Jena, die Initiative Neue Ökonomie, die Gemeinwohlbewegung, die Potenzialentfaltungsakademie und viele
weitere neue kulturelle Bewegungen sind eine Fundgrube zukunftsweisender Potenziale.

Die drohende Umweltkatastrophe und die kommenden Migrationsströme geben uns nur noch eine kurze
Zeit, den Systemwechsel einzuleiten. „Wer zu spät kommt, den straft das Leben!“ (Michael Gorbatschow).

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1 Pressekonferenz der Initiative Scientists for Future https://www.scientists4future.org/presse/
2 Jürgen Tallig: https://earthattack-talligsklimablog.jmdofree.co/
3 Weltklima-Sonderbericht: https://www.de-ipcc.de/256.php
4 UN-Bericht zum Artensterben 2019; www.bund-rvos.de/artensterben; www.nabu.de/news/2017/10/23291.html;
5 Oxfam-Bericht 2019 siehe z.B. https://www.wsws.org/de/articles/2019/01/23/pers-j23.html
Auch zum Weitergeben gedacht!
6 https://www.riffreporter.de/klimasocial/schulzki-haddouti-graeme-maxton-change-klimakrise/
7 https://www.deutschlandfunk.de/klimaforscher-schellnhuber-wir-muessen-unsere-zivilisation.697.de.html
8 In „Jäger, Hirten, Kritiker“ S. 248
9 Z.B. in „Zukunft für die Mutter Erde“ 2012
10 Ulrich v. Weizsäcker in „Wir sind dran. Club of Rome: Der große Bericht…“

von Dieter Duhm

Ich bin 76 Jahre alt, heute noch so politisch aktiv wie in der Studentenbewegung 1968, aber mit Erfahrungen, die ich mitteilen muss, weil ich inzwischen verstanden habe, woran bisher fast alle Bewegungen gescheitert sind.

Heute gehen viele Tausend junger Leute auf die Straßen für Klimaschutz und Systemwechsel. Danke dafür! Ich kann nur hoffen, dass diese Bewegung genügend innere Kraft und Ausdauer gewinnt, um tatsächlich zu einem Systemwechsel zu führen. Das wäre wirklich eine historische Wende, denn seit Jahrhunderten kämpfen Menschen gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Gewalt, und seit Jahrhunderten verlieren sie ihren Kampf gegen die Übermacht des bestehenden Systems. Und doch ist dieser Kampf nicht mehr zu stoppen, denn überall sind Menschen, vor allem junge Menschen, welche die Barbarei der bestehenden Gesellschaft nicht ertragen können. Sie kämpfen bei den Lakota-Indianern in Standing Rock (USA), sie kämpfen im Hambacher Forst in Deutschland, sie kämpfen in der Friedensgemeinschaft von San José de Apartadó in Kolumbien, sie kämpfen um die Wiederherstellung von Riace ( Italien), sie kämpfen auf den Rettungsschiffen für die Flüchtlinge im Mittelmeer, sie kämpfen … auf allen Kontinenten.

Und immer wieder verlieren viele nach einiger Zeit ihre Kraft, enttäuscht und entmutigt ziehen sie sich zurück, werden krank oder drogensüchtig oder kriminell. Ich selbst habe in der marxistischen Linken in Deutschland (1968) vier Jahre lang diese Art von Kampf miterlebt und mitgeführt. Bis ich gemerkt habe, dass wir eine andere Lösung brauchen. Die Vorstellung der alten Revolutionen ist vorbei, durch Gewalt kam noch nie etwas Besseres auf die Erde. Die ganze Welt braucht eine neue Information. Wie erzeugen wir diese neue Information und wie bringen wir sie in die Welt? Das war seitdem die Frage und die Aufgabe.

Wir danken euch für den kollektiven Aufruf zu einer lebenswerten Zukunft. Möge eure weltweite Rebellion ihr inneres Ziel finden, ein Ziel für die ganze Menschheit. Die wenigen, die heute den Mut haben, aus dieser kollektiven Hypnose auszutreten, brauchen solidarische Unterstützung. Nutzt euren Freiraum stellvertretend für alle, die jetzt nicht diese Möglichkeit haben und deshalb eure Hilfe dringend brauchen. Nutzt eure Wut nicht nur gegen das System und seine Handlanger, sondern nutzt sie, um das Alte von euch selbst abzuwerfen. Wir sind nicht das Produkt einer Gesellschaft, einer Tradition, einer Familie, wir sind Menschen. Befreit euch aus den Altlasten einer fürchterlichen historischen Vergangenheit.

Lasst uns gemeinsam das Leben schützen, das heute im Namen von Konzernen und Regierungen überall zerstört wird. Es gibt einen Sozialismus, der jenseits aller Parteien und Ideologien steht: es ist der Sozialismus von Vertrauen, Zusammenhalt und gegenseitiger Unterstützung. Es sind Gedanken der Wahrheit und Gedanken einer parteinehmenden Liebe, die heute die Überlebenskraft in sich tragen und zu dem Wissen führen, das ihr und wir alle für unsere Heilung brauchen. Es ist so einfach, elementar und wahr – und wenn wir es schaffen, dann entsteht ein Feld des Vertrauens, das auch in Krisengebieten wirksam werden kann.

Im Folgenden möchte ich Dinge sagen, mit denen sich die große Rebellion in eine konkrete Kraft verwandeln könnte, die nicht mehr vom bestehenden System eingefangen werden kann. Die gegenwärtigen Demonstrationen für eine lebenswerte Zukunft, für Klimaschutz und Naturschutz, für Menschenrechte und Tierrechte sind Zeichen eines globalen Aufbruchs in fast allen Kontinenten. Sie brauchen aber ein gemeinsames Ziel, sonst verlieren sie ihre Auseinandersetzung mit dem bestehenden System. Die Ziele können nur durchgesetzt werden, wenn es für den nötigen Systemwechsel eine klare Vision gibt.

Systemwechsel! Was heißt das in unserer Zeit, in einer Zeit, wo jährlich viele Millionen Dollar ausgegeben werden für eine gezielte Falschinformation (Verharmlosung) zum Thema des Weltklimas… in einer Zeit, wo es verboten wurde, Flüchtlinge zu retten, die im Mittelmeer ertrinken… in einer Zeit, wo der Wohlstand auf der einen Seite durch unsägliche Raubzüge und Grausamkeiten auf der anderen Seite erzeugt wird? Ganz zu schweigen vom Schicksal der Kinder in den Kriegsgebieten, vom Schicksal der Tiere in Schlachthöfen, Tierlaboratorien oder Pelztierfarmen…

Um das kapitalistische System zu überwinden, brauchen wir eine positive Vision für eine nachkapitalistische Lebensordnung. Wir brauchen eine gemeinsame Vision für uns, unsere Kinder, für alle, die jetzt auf der Flucht sind und keine Heimat haben, eine Vision für Opfer und Täter, eine Vision für die Liebe, auch für unser Verhältnis zu den Tieren, zur Natur und zur ganzen kosmischen Welt, aus der wir ja alle kommen. Diese Vision ist keine Erfindung von Menschen, denn sie existiert als latente Realität im gesamten Bauplan des Lebens.

Der Bauplan des Lebens: Die lebendigen Systeme der Erde und des Universums folgen einer inneren Matrix, die auf Heilung und Einheit, auf höhere Entwicklung durch Kooperation und Zusammengehörigkeit gerichtet ist. Jede Krankheit ist heilbar, jeder Konflikt lösbar, wenn sich das menschliche Frequenzfeld mit der Frequenz dieses kosmischen Feldes verbindet. In diesem Feld sind die Konzepte von Ausbeutung, Feindschaft und Krieg nicht vorhanden. Wo Menschen sich in dieser neuen Lebensordnung begegnen, verwandeln sich Feinde in Freunde. Und genau darum geht es: diese Lebensordnung real auf der Erde zu errichten, eine Ordnung von Vertrauen, Liebe, Kooperation und Solidarität. Dieser Traum wird Wirklichkeit, sobald die ersten Gruppen auf der Erde angefangen haben, ihn zu erkennen und zu verwirklichen. Wir sprechen hier vom „Plan der globalen Heilungsbiotope“. (Nähere Informationen in meinem Buch „Terra Nova. Globale Revolution und Heilung der Liebe“).

Die gequälte Erde kann sich innerhalb kurzer Zeit in ein Paradies verwandeln und große Mengen von CO2 aus der Atmosphäre binden, wenn wir mit der Natur kooperieren und ihre Lebensgesetze befolgen. Wasser, Energie und Nahrung stehen allen Menschen kostenlos zur Verfügung, wenn wir der Logik der Natur und nicht den Gesetzen des Profits folgen. Aber das Problem, vor dem wir heute stehen, ist komplizierter, denn Mensch und Natur bilden in der Biosphäre eine energetische Einheit. Das heißt mit anderen Worten: Die Umweltkrise zerstörter Ökosysteme und die Inweltkrise zerstörter menschlicher Beziehungen und Gemeinschaften sind zwei Seiten desselben Gesamtproblems.

Auf der menschlichen Ebene brauchen wir neue Perspektiven für ein Zusammenleben ohne Angst und Gewalt und ohne die traumatischen Reste unserer historischen Herkunft, wir brauchen sie vor allem in den intimeren Zonen von Sexualität, Liebe und Partnerschaft, denn das tiefste (und heimlichste) Krisengebiet unserer Zeit ist die Beziehung unter Menschen. Es kann in der Welt keinen Frieden geben, solange in der Liebe (latenter) Krieg ist. Wir haben in der Zeit der Studentenrevolution vor 50 Jahren viele Ziele erreicht, – aber dann begann der Kampf im Inneren der Gruppen, der Kampf um die richtige Ideologie, um Anerkennung, Macht und Sex! Darauf war noch niemand vorbereitet. Niemand wusste, wie sehr die äußere Gewalt des Systems und der innere Kampf der Menschen aus derselben Quelle kamen. Wenn wir heute zum Erfolg kommen wollen, müssen wir Orte aufbauen, an denen Wahrheit und zwischenmenschliche Solidarität gelernt werden können.

Die Vision einer geheilten Welt kann natürlich nicht mit Zwang oder Gewalt durchgesetzt werden, auch nicht allein mit den herkömmlichen menschlichen und technischen Kommunikationsmitteln, dafür sind die Gegenkräfte noch zu stark. Aber neben der mechanistischen Logik des bisherigen Denkens in den Bereichen von Politik und Ökologie gibt es eine ganz andere Logik: Sie eröffnet sich uns, wenn wir unser Bewusstsein auf die Funktionsweise lebendiger Systeme richten. Resonanz statt harter Macht gehört zu ihren Erfolgsgeheimnissen. Dies bedeutet: Eine Information, die mit der inneren Matrix des Lebens und ihrer universellen Ethik übereinstimmt, verbreitet sich von selbst überall dort, wo empfangsbereite Menschen und Gruppen sind. Wir verwenden für dieses erstaunliche Phänomen den Begriff der „morphogenetischen Feldbildung“ des englischen Biologen Rupert Sheldrake. Wenn die Vision einer neuen Kultur in den ersten Gemeinschaften real entsteht und gelebt wird, gerät die Welt in einen „angeregten Zustand“, denn das, was jetzt an den ersten Orten geschieht, steht in Resonanz mit der höheren Lebensordnung im Bauplan des Lebens. Alle Menschen sind an diese höhere Ordnung genetisch angeschlossen. Viele Gruppen werden sich der neuen Information anschließen. Es entsteht der Gencode für eine neue Zivilisation.

Die Information für eine lebenswerte Zukunft enthält nicht die revolutionären Kampfparolen der alten Zeit, sondern zielt auf eine absolute Parteinahme für das Leben, auf die innere Verbindung mit den höheren Gesetzen der geistigen Welt und auf die Zusammengehörigkeit aller Wesen in der großen Familie des Lebens. Wir leben in der Zeit eines großen Epochenwechsels, dem Wechsel vom Patriarchat zu einer partnerschaftlichen Kultur, vom Hologramm der Gewalt zum Hologramm des Vertrauens. Je mehr Menschen sich weltweit mit diesem globalen Vorgang verbinden, desto schneller kann die grausame Zeit der Kriege beendet sein. Es könnte sehr schnell gehen.

Im Namen der Liebe für alle Kreatur!

von Dieter Duhm | Mai 23, 2019

„Die  Große Transformation  beschreibt einen massiven
ökologischen, technologischen, ökonomischen, institutionellen
und kulturellen Umbruchprozess zu  Beginn des 21. Jahrhunderts.“
Uwe Schneidewind in
„Die Große Transformation – Eine Einführung in die Kunst
des gesellschaftlichen Wandels“

Ich fürchte, dass die folgenden Gedanken vielen Menschen Angst machen werden. Aber wir kommen nicht darum herum, sie zu denken, zu fühlen, zu spüren und in die Tat umzusetzen. Bobby Langer

Von unserem Verhalten in den nächsten Jahrzehnten hängt die Zukunft des planetaren Ökosystems ab. Was ansteht, ist der Schritt aus der Pubertät der Menschheit hin zu ihrem Erwachsenwerden: der Große Wandel. Der pubertäre Mensch denkt an sich, der erwachsen werdende Mensch übernimmt Verantwortung für die Weltgemeinschaft aller Lebewesen und für den Planeten. Und er weiß um sein Eingebettetsein. Weiterlesen

von Sarah Brockhaus

Im Supermarkt steht ein Päckchen Karotten, eingeschweißt in Plastikfolie. Preis: 0,59 €. Auf dem Markt, beim Biolandhändler, der die Karotten selbst in der Region anbaut, sind es 2 € pro Kilogramm. Sind diese Karotten dann mehr wert als die aus dem Supermarkt? Und woraus errechnet sich ihr Wert überhaupt?

In meinem Minijob habe ich einen Stundenlohn von knapp über 10 €. Für die Zeit, die ich im Weltladen stehe und fair gehandeltes Kunsthandwerk und Lebensmittel verkaufe, bekomme ich kein Geld. Ist diese Arbeit deshalb nichts wert? Weiterlesen