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Astrid Reimann empfiehlt das großartige Buch „Geflochtenes Süßgras“ von Robin Wall Kimmerer.
Daher der Titel “Gras und andere Lehrer”. Ein kleiner Auszug aus ihrer Rezension:

“Wie wäre das, wenn wir uns der Erde, unserer Ur-Mutter, gegenüber genauso anständig benehmen würden wie bei der Oma?

Wir würden ganz anders ernten. Kimmer schreibt von der „ehrenhaften Ernte“. Wir würden unsere Gärten und Äcker, unsere Viehhaltung, die Jagd, Bergbau und Industrie völlig anders gestalten. Wir würden besser verstehen, wie alles zusammenwirkt. Wenn wir Menschen ein Teil der Natur sind und sie uns nicht als „Objekt“ gegenüberstellen, kann sie keine Ware sein. Ein anderes Wirtschaftssystem würde entstehen. Ein anderes Miteinander – auch zwischen uns Menschen.

Es wäre eine Revolution.”

Hier geht’s zur vollständigen Besprechung.

Bobby Langer: Jascha, dein kürzlich erschienenes Buch „Die große Kokreation“ bezeichnet sich als „Standardwerk für transformative Kokreation in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft“. Ist das ein Buch für Spezialisten bzw. Experten, also zum Beispiel Soziologen oder Politologen, oder schreibst du für eine breitere Zielgruppe?

Jascha Rohr: Ich schreibe für alle, die sich engagieren, die Dinge bewegen und verändern wollen und wissen, dass das gemeinsam besser geht als alleine. Das ist, so hoffe ich, eine sehr breite Zielgruppe, die Expert:innen einschließt, sich darüber hinaus aber auch an Führungskräfte, Aktivist:innen, Unternehmer:innen, Projektleiter:innen, lokal Engagierte und viele mehr richtet, die den Anspruch haben, mit ihrer Arbeit einen positiven Beitrag zur Gestaltung der Welt zu leisten.

B.L.: Was verpasst man, wenn man es nicht gelesen hat?

J.R.: Das Buch ist voller Modelle, Methoden, Theorie und Praxis, so dass wir zu informiert Handelnden werden können. Ich persönlich sehe den wertvollsten Beitrag des Buches aber darin, dass es ein neues ökologisches Paradigma anbietet, mit dem wir die Prozesse von Entwicklung, Veränderung und Gestaltung viel besser verstehen und anwenden können.

B.L.: Du sagst, es gehe dir um die „Neuerfindung unserer planetaren Zivilisation“. Das klingt im ersten Moment ziemlich abgehoben. Weshalb hältst du diese Neuerfindung für notwendig?

J.R.: Das ist natürlich erst einmal eine Provokation. Und eine homogene globale Zivilisation gibt es in diesem Sinne auch gar nicht. Aber klar ist: Wenn wir global so weitermachen wie bisher, zerstören wir unsere Lebensgrundlagen und damit das, was wir Zivilisation nennen. Das kennen wir aus der Vergangenheit der Menschheit im Kleinen. Da konnte es dann aber immer an anderer Stelle weitergehen. Kollabieren wir heute als globale Zivilisation, gibt es keinen Ausweichplaneten. Diesmal muss es uns gelingen, uns neu zu erfinden, bevor wir komplett kollabieren. Das nenne ich Neuerfindung unserer Zivilisation.

B.L.: Wer bist du, um sagen zu können, du wärest zu einer solchen Konzeptleistung in der Lage?

J.R.: Mein Beruf ist es, seit ca. 25 Jahren kleine und große Gruppen darin beizustehen, sich selbst neu zu erfinden – vom Dorf bis zur nationalen Ebene habe ich Beteiligungs- und Gestaltungsprozesse konzipiert und begleitet. Meine Leistung dabei ist es, den Prozess zu strukturieren und zu halten, in dem diese Gruppen sich selbst erfinden. Ich bin so etwas wie eine Gestaltungshebamme. In diesem Sinne würde ich mir auch nicht anmaßen, alleine unsere Zivilisation neu zu erfinden. Aber ich fühle mich gut darauf vorbereitet, auch große internationale und globale Prozesse zu konzipieren, methodisch zu unterstützen und zu begleiten, in denen die Beteiligten miteinander beginnen, „Zivilisation“ neu zu erfinden.

B.L.: Gibt es nicht mehr als eine Zivilisation auf dem Planeten? Wenn du also von „planetarer Zivilisation“ sprichst, klingt das so, als würdest du die westliche, industriell geprägte Zivilisation mit der planetaren gleichsetzen?

J.R.: Ja genau, das klingt so, dessen bin ich mir bewusst, und das ist natürlich nicht so. Und doch gibt es so etwas wie eine globale diverse Gesellschaft, globale Märkte, eine globale politische Arena, eine globale Medienlandschaft, globale Diskurse, globale Konflikte und globale Prozesse, zum Beispiel in Bezug auf Corona oder den Klimawandel. Dieses sehr heterogene Feld nenne ich vereinfacht globale Zivilisation, um klarzumachen: Dieses globale Feld ist in seiner Ganzheit eher toxisch als heilsam. Es muss transformiert werden im Sinne einer globalen Regeneration.

B.L.: Du schreibst ein ganzes Buch lang über Methoden und Werkzeuge. Hast du keine Sorge, dass deine Zielgruppe auf Inhalte pocht?

J.R.: Das ist die Krux. Es gab viele, die hätten sich lieber ein einfaches Rezeptbuch gewünscht: Lösungen zum Nachmachen. Und genau da wollte ich ehrlich bleiben: Aus dieser Rezeptlogik müssen wir aussteigen, sie ist Teil des Problems. Nachhaltige Lösungen haben immer damit zu tun, dass wir lokale Kontexte verstehen und dafür angepasste Lösungen entwickeln. Das habe ich aus der Permakultur gelernt. Dazu müssen wir uns trainieren und ausbilden. Dafür braucht es Methoden und Werkzeuge. Den Rest müssen die Kokreator:innen vor Ort leisten.

B.L.: Du schreibst: „Benutzen wir … die Werkzeuge der alten Zivilisation, kann nur eine neue Version der alten Zivilisation dabei herauskommen.“ Das ist logisch. Nur: Wie willst du als Kind der alten Zivilisation Werkzeuge einer neuen Zivilisation finden?

J.R.: Das geht nur über Transformationsprozesse. Und ich benutze diesen Begriff nicht leichtfertig, sondern in aller Konsequenz und Tiefe: Jede:r, der oder die mal einen Kulturschock erlebt hat und sich in eine neue Kultur einleben musste, der oder die eine religiöse Einstellung geändert hat, das berufliche Leben neu begonnen hat oder eine langfristige Beziehung für eine neue verlassen hat, kennt solche einschneidenden Veränderungsprozesse. Ich selbst habe meine ganz persönlichen Krisen und Auseinandersetzungen gehabt, in denen ich immer wieder zumindest Aspekte der „alten Zivilisation“ persönlich transformieren konnte. Meine Gründungen der Permakultur Akademie, des Instituts für partizipatives Gestalten und der Cocreation Foundation waren jeweils von genau solchen Erkenntnisprozessen getragen, die dann ihren gestalterischen Ausdruck in diesen Organisationen gefunden haben. Aber natürlich bin auch ich noch verhaftet, ich verstehe mich als Mensch in Transition.

B.L.: Obwohl du deine Augen nicht vor der Lage der Menschheit verschließt („Der Einsatz ist hoch, die Welle gefährlich, möglicherweise tödlich“), ist der Grundtenor deines Buches ausgesprochen positiv. Woher nimmst du deinen Optimismus?

J.R.: Der Optimismus ist eine Überlebensstrategie. Ohne ihn hätte ich gar nicht die Kraft, das zu tun, was ich tue. Woher sollen wir die Energie für so viel Wandel und Gestaltung nehmen? Ich glaube, dass wir das nur schaffen, wenn wir aus dieser Aufgabe Kraft, Freude, Lebendigkeit und Fülle für uns schöpfen. Ich mache das mit Hoffnung spendenden Narrativen. Wenn ich mich damit selbst manipuliere, nehme ich das gerne in Kauf: Lieber eine positive selbsterfüllende Prophezeiung als eine negative!

B.L.: Das Buch war der Band 1. Was können wir von Band 2 erwarten?

J.R.: In Band 1 haben wir den Werkzeugkoffer gepackt und uns den Kollaps und die Vision angeschaut. In Band 2 gehen wir in die Transformation, in die Höhle des Monsters sozusagen. Die drei bestimmenden Themen werden sein: Resonanz, Trauma und Krise. Heftiger Stoff, aber auch unglaublich spannend! Ich forsche gerade sehr stark dazu, was es in Gruppen heißen kann, das kollektive Nervensystem zu beruhigen, zu regulieren und Traumata zu integrieren. Ich glaube – eine weitere grobe Metapher –, dass unsere globale Zivilisation sich am besten mit einer Suchtanalogie beschreiben lässt: Wir sind süchtig nach Energie und Konsum. Eine nachhaltige Regeneration wird uns nur gelingen, wenn wir von der Nadel kommen. Das ist keine einfach zu lösende Sachthematik, sondern ein kollektivpsychologisches Problem. Aber meine Arbeitsweise ist ja generativ, ich bin selbst gespannt, was im weiteren Schreibprozess passiert.

Rezension

Internetseite zum Buch

Jascha Rohr, Die große Kokreation. Eine Werkstatt für alle, die nicht mehr untergehen wollen. 400 S., 39 Euro, Murmann Verlag, ISBN 978-3-86774-756-1

Von Angela Brüning

„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“

Diesem Martin Luther (fälschlicherweise) zugeschriebenen Zitat ist Hans-Joachim Bannier wahrlich nachgekommen; in seinem Sortengarten in Bielefeld wachsen ca. 350 bis 400 überwiegend alte Apfelsorten. In seinem Online-Vortrag am 16. Februar 2023 „Ökologische Apfelzüchtung und Neue Gentechnik / CRISPR/Cas9“ stellte er abermals sehr klar und überzeugend dar, warum moderne auf ein oder wenige Resistenz-Gene reduzierte Pflanzenzüchtungen und insbesondere die aktuell oft angepriesene Gentechnik in eine Sackgasse führen. Bannier wies nach, dass die seit den 1940er Jahren entwickelten Sorten, die heutzutage in deutschen Läden angeboten werden, letztlich auf Inzucht innerhalb von 5 besonders krankheitsanfälligen Apfelsorten beruhen und überhaupt nur unter starkem Einsatz von Pestiziden und ähnlichen Behandlungsformen ertragreich und großflächig angebaut werden können. Wie im Vortrag verdeutlicht, kann die Abweichung vom traditionellen Züchtungsmuster (dem Kreuzen einer schmackhaften mit einer robusten Sorte) in Verbindung gebracht werden mit der parallelen Entwicklung von Pestiziden und Fungiziden, insbesondere in Leverkusen.

Gott spielen ist kontraproduktiv

In überzeugender Weise wurde durch den Vortrag offensichtlich, dass Diversität – in diesem Fall eine große Vielfalt verschiedener Apfelsorten – essentiell ist, um langfristig eine möglichst gute Nahrungsversorgung der Bevölkerung erreichen zu können.

Natürliche Diversität und dadurch auch Anpassungsfähigkeit sollten nicht nur bezogen auf Pflanzen, sondern weit darüber hinaus erneut zentral werden in unserem Umgang mit unserer Mitwelt – und auch mit unseren Mitmenschen. Wir können die Komplexität und das Zusammenspiel diverser Faktoren im Gefüge — beispielsweise von Pflanzen, Tieren, dem Boden, Wetterkonditionen, und vielem mehr — nicht einmal ansatzweise erfassen und verstehen. Gerade vor diesem Hintergrund täte etwas mehr Demut vor der mehr-als-menschlichen Welt unserer westlichen Gesellschaft gut. Statt Gott spielen zu wollen, sollten wir uns rückbesinnen auf unsere Vorfahren und Völker, heutzutage vor allem indigene Gruppen, die mit der Natur statt explizit gegen sie lebten und leben.

Aktuelle Trends in der Gentechnik und Apfelzüchtungen mit einem isolierten resistenten Gen folgen dem mechanistischen Weltbild, das auf Konfrontation, Konkurrenz und Ausbeutung beruht sowie anthropozentrisch ist, den Menschen also außerhalb des Naturkreislaufs sieht und die Menschheit über die Natur stellt. Wie Bannier im Vortrag berichtete, basiert beispielsweise gerade die gegenwärtige Rechtfertigung von Methoden wie der Genschere CRISPR/Cas9 auf (wirtschaftlicher) Konkurrenz und Kampf gegen Abläufe der Natur. Die Prämisse in dieser Logik ist, durch regelmäßige „Neuzüchtungen“ mit Hilfe von Gentechnik der Natur und immer wieder auch gegen Krankheiten resistent werdenden Pflanzen immer gerade einen Schritt voraus zu sein.

Mit Äpfeln gegen die Natur

In den 1950er Jahren begann man in Deutschland, krankheitsanfällige Apfelsorten anzubauen, die (nur) mithilfe eines intensiven Einsatzes chemischer Spritzmittel gedeihen, mit denen man auf diesem Wege jedoch höchste Erträge erzielen konnte. Die daraus resultierenden Probleme im Apfelanbau versuchte man in den letzten Jahrzehnten dann züchterisch dadurch zu lösen, dass man die anfälligen Sorten mit einem japanischen Holzapfel kreuzte – in der Hoffnung, dass das dort entdeckte Resistenz-Gen gegen die Apfelschorf-Krankheit die Probleme lösen könne – und will dasselbe künftig mithilfe der neuen Gentechniken (CRISPR/Cas) erreichen. Weil einzelne Resistenz-Gene jedoch aus chemie-abhängigen Apfelsorten keine natur-gesunden Apfelsorten machen (und die Natur solche „mono-genetischen“ Resistenzen schnell überwindet), wollen Züchter heute die Probleme durch immer mehr gen-technische Eingriffe in den Griff bekommen.

Alle diese Strategien folgen einem von ökologischen Zusammenhängen entfremdeten mechanistischen Weltbild, das anthropozentrisch ist, den Menschen also außerhalb des Naturkreislaufs sieht und die Menschheit über die Natur stellt.

Die gleiche „Logik“ kennzeichnet unser heutiges Geld- und Wirtschaftssystem und in ähnlicher Weise sehr oft auch gesellschaftliche Entwicklungen im Umgang mit Randgruppen und sozialen Problemen. Statt den Kampf gegen einander und gegen unsere Mitwelt fortzusetzen und unser eigenes Überleben dadurch letztlich aufs Spiel zu setzen, wären wir gut beraten, die mehr-als-menschliche Welt wieder als Partner wertzuschätzen und im Sinn des systemischen Weltbilds Kooperation und Balance als Basis unseres Handelns zu nehmen.

Wer sich diesem Ansatz nähern und/oder ihn vertiefen möchte, ist herzlich eingeladen, an tiefenökologischen oder interkulturellen Seminaren bei Paths of Change teilzunehmen. Dort erproben wir gemeinsam, neue Wege zu gehen und gemeinsam einen Beitrag zu leisten für eine enkeltaugliche Zukunft. Im Vordergrund stehen dabei Methoden der Naturverbindung, die auch zu einer Selbstermächtigung beitragen: https://pathsofchange.net

Über eine Unterstützung zur Förderung der Diversität von Äpfeln und Birnen freut sich Apfelgut e. V. Die Spende kann direkt an den neu entstehenden Birnensortengarten des Arboretum Bielefeld weitergeleitet werden, wenn das Stichwort Birnenzucht angegeben wird.

 

Kontoinhaber: apfel:gut e.V.
IBAN: DE12 4306 0967 2078 0737 00
BIC: GENODEM1GLS (GLS Bank Bochum)
Stichwort: Birnenzucht

von Isabel Batista

(zu Teil 1)

Ein eigener Garten am Haus, eine gepachtete Parzelle oder eine klassische Laube, vielleicht auch „nur“ ein Balkon oder ein Hochbeet in einem Gemeinschaftsgarten: Viele Menschen haben das Gärtnern für sich entdeckt.

Es macht Spaß, das eigene angebaute Gemüse und Obst zu ernten und in der Küche zu verarbeiten oder gleich vom Strauch zu naschen. Es bringt uns in Bewegung, senkt unseren Stresspegel und macht uns den Wert von Nahrung wieder bewusst.

Wie es bisher läuft

Weil vom kleinen Setzling bis hin zur Ernte viel Zeit und Mühe vergeht, greifen auch in Privatgärten immer noch viele Menschen zu Pestiziden oder helfen mit künstlichem Dünger nach, um das Wachstum ihrer Nutzpflanzen zu beschleunigen oder die Ernte vor Schädlingen zu schützen.

Wir dürfen hier den Wunsch nach maximaler Kontrolle und Ordnungssinn gerne hinterfragen. Wo bleibt die echte Natur, wenn sie in strikte Abschnitte gedrängt wird, jeder Laubhaufen verschwinden muss und sogar essbare Wildkräuter mit Chemie ausgemerzt werden?

In solch einem Garten finden Nützlinge keinen Anreiz zur Futtersuche oder Aufzucht ihrer Jungen. Eine Abwärtsspirale setzt ein: Schädlinge fallen über die Früchte unserer Arbeit her, und so setzen wir wieder die Chemiekeule ein.

Wir haben ein instabiles System geschaffen, in das wir immer wieder eingreifen müssen.

Es geht auch anders

Ein naturbelassener Garten bedeutet nicht, sich durch wucherndes Gestrüpp zu kämpfen oder jedem Schädling das Feld zu überlassen. Ein naturbelassener Garten bedeutet, dass man den Geschöpfen im und auf dem Boden, in der Luft und in den Zweigen der Bäume einen eigenen Spielplatz einrichtet.

Eine kleine Inspiration aus meinem Roman „Die Systemwandler“:

Im Garten waren die Schmetterlinge und Bienen zurückgekehrt und es summte überall. Die Farbenpracht war ein Genuss. Mit der Wildnisecke, die in jeden ausgewogenen Permakulturgarten gehörte, wollte Kerstin weitere Lebewesen anlocken.

Anja setzte sich nach einer kurzen Pause wieder zu ihr ins Gras und half ihr beim Schichten der Steine. „Wozu machen wir das?“, fragte sie interessiert.

Kerstin antwortete bereitwillig: „Der Steinhaufen ist für verschiedene Wildtiere als Zuflucht gedacht. Insekten, Spinnen, aber am meisten hoffe ich auf den Besuch von Eidechsen.“

„Die habe ich schon lange nicht mehr in freier Wildbahn gesehen“, sagte Anja bedrückt.

[…]

Während sie Stein auf Stein legten und so Stück für Stück ein Refugium für die weniger beachteten Lebewesen aufbauten, malte sich Kerstin im Geiste aus, wie die kleine Landschaft hier im hinteren Abschnitt ihres Gartens bald aussehen würde. „Die Steinburg der Kriech- und Krabbeltiere ist erst der Anfang“, ließ sie Anja an ihrer Vorstellungswelt teilhaben. „Geplant ist noch ein kleiner Tümpel für Frösche und Kröten, eine Ansitzstange für Greifvögel bei den Hochbeeten und ein Nistkasten für Eulen im Geäst des großen Pflaumenbaums.“

[…]

Neben dem Artenschutz hatten auch die Gärtner etwas von den Nützlingen, die durch das Futter- und Versteckangebot angelockt wurden. Sie lieferten einen Beitrag zum Schutz von Gemüse und Kräutern, indem sie die Schädlinge in Schach hielten. Zudem sollten sich einige von ihnen auch als Bestäuber nützlich machen.

“Die Systemwandler” von Isabel Batista

Ein Garten wie dieser fördert das natürliche Gleichgewicht und wird für jeden Menschen zum Abenteuer und Genuss. Unser Wohlbefinden steigt, denn jetzt können wir der echten, ein wenig wilden Natur nahe sein, sie beobachten, erleben und schätzen lernen. Vielleicht entdecken wir darin sogar unsere eigene wilde Natur.

Was Du als Systemwandler tun kannst:

  • Richte einen Garten oder Balkon ein, der ALLEN Geschöpfen einen Lebensraum bietet, oder inspiriere einen Gartenbesitzer dazu.
  • Vermeide chemische Mittel und greife für die Schädlingsbekämpfung stattdessen auf natürliche Mittel zurück (z.B. Brennesseljauche gegen Blattläuse oder die Ansiedlung von Nützlingen).
  • Vermeide Kunstdünger und belebe den Boden durch hilfreiche Pflanzen wie Klee oder mit Mulchmaterial.
  • Kaufe Pflanzensetzlinge, die ohne Pestizide herangezogen wurden (insbesondere bei bienenfreundlichen Pflanzen wie z.B. dem Lavendel).
  • Best Tipp: Mache Dich mit Permakultur vertraut (z.B. beim Permakultur-Institut) und gestalte Deinen Garten nach den Prinzipien dieser erstaunlichen Anbautechnik.

Auf diese Weise wirst Du Stück für Stück ein System erschaffen, in dem Du selbst glücklich bist, weil die Natur um Dich herum aufblüht und wirklich lebendig ist.

Wenn Du Interesse an weiteren Impulsen für einen naturbelassenen Garten, nachhaltige Lebensweisen und gute Neuigkeiten aus der Welt des sozial-ökologischen Wandels hast, dann melde Dich zu meinem Newsletter auf „Die Systemwandler“ an. Monatlich wirst Du mit dem Wissen versorgt, das ein Systemwandler zum Wandeln braucht.

Externe Links:

https://www.systemwandler.de
https://www.permakultur.de/home

Beitragsbild: Allmende Kontor auf dem Tempelhofer Feld in Berlin, ©Isabel Batista 2019

Von Klemens Jakob

Wenn wir von unserer Natur sprechen, dann denken wir meist an die Natur, die uns umgibt. Doch auch wir sind Natur. Es gibt nur eine Natur und ein Teil davon sind wir. Es gibt auch keine Trennung zwischen der Natur um uns und uns selbst. Jede einzelne Zelle von uns besteht aus den gleichen Bausteinen, aus denen auch die Natur um uns aufgebaut ist.

Täglich gestalten die Kräfte der Natur unseren Körper neu, indem sie ca. 50 Milliarden Zellen unseres Körpers durch neue Zellen ersetzen. Es ist die gleiche Kraft, die im Frühjahr die Pflanzen wachsen lässt und die Sterne am Himmel bewegt und die einen leblosen Körper wieder in fruchtbaren Humus verwandelt; die gleiche Kraft, die aus einem Samenkorn einen Baum wachsen lässt und die einen Embryo in einen erwachsenen Menschen verwandelt.  Diese Kraft, die uns, während wir schlafen, atmen lässt, die unseren Organismus leben lässt, die alles mit allem verbindet – die ist unsere Natur. Unsere Natur ist Leben. Wenn wir diese Kraft bewusst wahrnehmen, dann fühlen wir unsere Verbundenheit, dann fühlen wir uns eingebunden in ein großes Ganzes, dann fühlen wir uns heil und lebendig, dann fühlen wir, dass alles in Ordnung ist und dass wir in Ordnung sind, und wir fühlen uns zu Hause.

In unserer Natur gibt es keine Trennung. In der Natur gibt es auch keine Grenzen, es gibt nur Übergänge. Jegliche Trennung ist eine unnatürliche Einbildung von uns Menschen. Als Menschen haben wir die Möglichkeit, unsere Natur zu verleugnen. Wir können so tun, als wären wir von der Natur unabhängige Wesen. Das funktioniert, wenn wir unsere Sinne, mit denen wir unsere Verbundenheit wahrnehmen können, nicht nutzen. Wenn wir das über einen längeren Zeitraum praktizieren, dann werden diese Sinne immer schwächer.

Aber was haben wir davon, wenn wir unsere Natur verleugnen? Es gibt uns ein Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit. Wir können nach Belieben handeln, ohne die Konsequenzen unserer Handlungen spüren zu müssen. Dadurch können wir ohne schlechtes Gewissen auf Kosten der restlichen Welt einen egozentrischen und zerstörerischen Lebensstil praktizieren. Dieses Gefühl der Freiheit ist bei genauerer Betrachtung aber genau das Gegenteil von Freiheit. Es ist die Illusion von Freiheit für einen Teil von uns, der auch nur als Illusion existiert.

Es ändert nichts daran, dass wir Natur sind. Das Einzige, was es verändert, ist, dass wir uns dann nicht mehr verbunden fühlen. Wir verlieren dadurch die Verbindung zu unserer Natur, zu unserer Mutter Erde und zu allen Mitwesen auf der Erde und auch die Verbindung zu unserem eigenen Körper. Wir fühlen uns nicht mehr zu Hause und leiden unter unserer selbst kreierten Einsamkeit. Wir nehmen nicht mehr wahr, wenn wir uns durch ungesunde Nahrungsmittel vergiften, wenn wir unsere Seele durch ein unnatürliches Welt- und Selbstbild niederdrücken, wir nehmen das Leid der Tiere, die wir durch unsere sogenannte Nutztierhaltung quälen, nicht mehr wahr, und wir nehmen nicht mehr wahr, wie wir durch unser zerstörerisches Handeln die Vielfalt des Lebens auf unserer Erde immer weiter reduzieren. Das ist der Preis für das Gefühl scheinbarer Freiheit. Wir bezahlen dafür mit unserer Natur, mit unserem Leben.

Echte Freiheit basiert auf dem Bewusstsein, dass wir Teil von einem größeren Ganzen sind. Wir können dann frei darüber entscheiden, ob wir mit unseren Handlungen zur Heilung oder zur Teilung beitragen möchten. Wir können dann auch frei darüber entscheiden, ob wir unsere Natur erleben wollen oder ob wir unsere Sinne für dieses Erleben ungenutzt verkümmern lassen, wodurch dann auch der Sinn unseres Lebens immer schwerer wahrnehmbar wird.

Das wäre doch ein sinn-voller Vorsatz für das neue Jahr, dass wir unsere Sinne zur Wahrnehmung unserer Verbundenheit stärken und dadurch unsere Natur erlebbar machen.

Rezension von Bobby Langer

Es ist wohl kein Zufall, dass im Buchtitel das Wort „Einsamkeit“ von den beiden Wörtern „Natur“ und „Glück“ eingerahmt ist. Protagonistin dieser authentischen und sehr persönlichen, ja gelegentlich intimen Erzählung ist die Autorin selbst. Als Tochter eines Schweizer Berggängers und Bergfexes ist ihr der Aufenthalt in der freien Natur eine Selbstverständlichkeit; so gut wie jedes Wochenende verbrachte sie mit ihrer Familie in den Bergen. Lange Wanderungen, auch über Hunderte, ja Tausende von Kilometern bringen sie nicht zur Erschöpfung. Im Gegenteil: Fern des städtischen Getriebes, fern der Zivilisation sucht und findet sie immer wieder aufs Neue Glück im Herzen der Einsamkeit. Weiterlesen

„Ohne Staunen, ohne Begeisterung geschah nichts Großes und Gutes auf der Welt.“ Gottlieb Herder

Von Sepp Stahl, 20.01.2022

Am Anfang der Philosophie steht Staunen.

Aristoteles sieht im Staunen den Beginn des Philosophierens, das einen starken Akzent auf Verwunderung legt. „Das Staunen ist ein Zustand, der vor allem dem Freund der Weisheit (Philosophen) zukommt, ja es gibt keinen anderen Anfang der Philosophie als diesen.“ So Plato. „Das Höchste, wozu der Mensch gelangen kann, ist Erstaunen.“ J.W. Goethe

Auch am Anfang jeder Religion steht das Staunen. Staunen, sich wundern, innehalten und betrachten gehören zum Ursprung aller Religionen. Das Staunen ist eine Spielart des Glaubens – wer staunt, lässt sich berühren. Weiterlesen

Buchbesprechung von Sten Linnander

Ich dachte, ich wüsste mehr oder weniger Bescheid über die Probleme auf Erden, vom Klimawandel bis zu den ökologischen Schäden in der Landwirtschaft, über Mikroplastik in den Weltmeeren, Luftverschmutzung, Fischfangmethoden und Greenwashing und über die ökologischen und menschlichen Sünden des patriarchalen Kapitalismus. Von wegen.

Ich habe Hunderte von Weckrufen gelesen, aber keinen, der mich annähernd so getroffen hat wie diejenigen in diesem Buch. So wie die Erde eine Einheit ist, so ist dieses Buch so etwas wie eine sehr sorgfältig recherchierte Gesamtdiagnose dieser Einheit. Obwohl mir viele Detailfakten neu waren, war es die Gesamtschau, die mich wachrüttelte.

Wir sind eine Spezies, die dabei ist, ihre lebendige Heimat so weit zu zerstören, dass ihr Überleben, wie das ihrer pflanzlichen und tierischen Mitbewohner, real bedroht ist. Wer die gefährlichen Konsequenzen seines Handelns erkennt und dennoch leugnet, und sein Handeln nicht ändert, ist psychisch krank.

Die Analyse in diesem Buch ist glasklar und hundertfach belegt, und zeigt auch auf, was getan werden muss. Heute können wir nicht sagen: „Wir haben es nicht gewusst.“ Die notwendige Umkehr ist tiefgreifend und fängt mit einer neuen Denkweise an. Heute ist es nicht so sehr eine Frage der Überwindung des individuellen Egoismus, sondern des Egoismus der gesamten Menschheit, der sich in einer anthropozentrischen Sichtweise äußert, sodass der Autor sie als die Hauptursache für den globalen ökologischen Zusammenbruch sieht.

Dazu kommt, dass die Wirtschaft oft versucht, von ihrer Verantwortung abzulenken, indem sie auf das Verhalten der Einzelnen hinweist: Privatautos und Urlaubsflüge. Obwohl dies wichtig ist, lenkt sie dabei bewusst „von den gewaltigen Veränderungen ab, die die Industriegesellschaft als Ganzes und insbesondere die ölbasierte Agrarindustrie vornehmen müssen“. Und „Zu lange war das Wirtschaftsmodell des Kapitalismus die Wachstumsökonomie [… ], ein kollektiver Wahn, der den Menschen von der Natur entkoppelt sieht“.

Nach jedem Kapitel über die Herausforderungen, die uns bevorstehen bzw. schon ins Haus stehen, gibt es Vorschläge, was der Einzelne tun kann. Zu seinen ausgezeichneten Vorschlägen möchte ich einen Vorschlag dazufügen, der eine gleich große Wirkung haben könnte: Verbreiten Sie dieses Buch! – an Familie, Freunde und Bekannte und, wenn Sie können, werden Sie aktiv, damit das Buch in den Gremien gelesen wird, die (noch) das Sagen hier auf Erden haben. Es sollte Pflichtlektüre in den oberen Schulklassen oder im ersten Uni-Jahr, in den Parteien, in den Firmen und in jeder Familie sein, damit wir klar wissen, womit wir alle gemeinsam konfrontiert sind.

Abschließend möchte ich betonen, dass trotz der vielen Probleme, die das Buch aufzeigt, es doch ein sehr positives Buch ist, und man spürt die Liebe des Autors zu dem Planeten, zur Natur und zu den Menschen. Das merkt man an Zitaten wie: „Die menschliche Spezies könnte ein Segen für diese Erde sein.“

Fred Hageneder, Nur die eine Erde – Globaler Zusammenbruch oder globale Heilung – unsere Wahl. Verlag Neue Erde (2021), 376 S., 22 Euro, ISBN 978-3-89060-796-2,Inhaltsverzeichnis

Körper, Geist und Seele werden gerne zusammen beschworen. Und auf den ersten Blick ist das ja auch erst einmal richtig. Verquere Gedanken lösten schmerzliche Gefühle aus; wir fühlen uns fremd oder fehl am Platz oder verloren und einsam (oder wie auch immer). Von da ist es nicht weit zu seltsamem Verhalten, vielleicht auch zu Aggression, zum Magengeschwür oder zu Krebs. Diese Zusammenhänge sind vielen bewusst. Und doch enthalten sie den Kardinalfehler unserer Zivilisation: die Annahme nämlich, der Mensch sei von der Natur getrennt. Um die Zusammenhänge neu zu erfassen, müssen wir das Trio in ein Quartett verwandeln: Körper, Geist, Seele und Mitwelt.

Raimar Ocken hat während seiner klinischen Arbeit schon länger darüber nachgedacht und die Zusammenhänge in dem Begriff Psycho-Somato-Ökologie zusammengefasst. Wen das interessiert, der findet seine Überlegungen HIER.

„Wir könnten so viel von der Natur lernen, stattdessen versuchen wir, sie zu bezwingen. Das Ergebnis: die natürliche Vielfalt zerfällt. Die Würde der Natur gehört ins Grundgesetz – jetzt.“ So Harald Lesch.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Den Satz können wir schon nicht mehr hören, denn unser – allseits weitgehend akzeptierter – ganz normaler Alltag überzieht ihn mit Spott und Hohn. Beispielsweise endet die Würde des Menschen an den Türen der meisten Pflegeheime an den meisten Tagen des Jahres. Oder an den Gefängnistüren von Julian Assange und Millionen anderer Gefangener. Aber das ist hier nicht Thema.
Der Natur Würde zuzugestehen – das ist eine starke Forderung. Man könnte auch sagen: ein starkes Stück. Denn schon den Satz zu Ende zu denken, verursacht mir existenzielle Verunsicherung. Wie geht es erst Mitmenschen, für die die Natur bestenfalls eine kostenlose oder billige Ressource ist? Weiterlesen