Natur. Einsamkeit. Glück.

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Rezension von Bobby Langer

Es ist wohl kein Zufall, dass im Buchtitel das Wort „Einsamkeit“ von den beiden Wörtern „Natur“ und „Glück“ eingerahmt ist. Protagonistin dieser authentischen und sehr persönlichen, ja gelegentlich intimen Erzählung ist die Autorin selbst. Als Tochter eines Schweizer Berggängers und Bergfexes ist ihr der Aufenthalt in der freien Natur eine Selbstverständlichkeit; so gut wie jedes Wochenende verbrachte sie mit ihrer Familie in den Bergen. Lange Wanderungen, auch über Hunderte, ja Tausende von Kilometern bringen sie nicht zur Erschöpfung. Im Gegenteil: Fern des städtischen Getriebes, fern der Zivilisation sucht und findet sie immer wieder aufs Neue Glück im Herzen der Einsamkeit.

Zur Erschöpfung bringen sie hingegen die eindringlich geschilderten Liebesbeziehungen. Denn bei allem Vergnügen an Zivilisations- und Menschenferne ist sie ein geselliger Mensch und eine attraktive Frau. Die Menschen mögen sie, auch die Männer. Das wäre alles gut, wenn nicht Geist und Herz ihrer Geliebten, bei aller sonstigen menschlichen Größe, ja Perfektion, von Besitzansprüchen geprägt wären. Sie können sie nicht in ihrer unbändigen Wildheit, in ihrem Wunsch nach größtmöglicher menschlicher Freiheit und Ungebundenheit annehmen und ziehen lassen. Einsamkeit bekommt so für den Leser eine sinnlich erfahrbare Lebensqualität, die nicht von Absprachen und Kompromissen eingehegt wird, eine Lebensqualität, die Barbara letzten Endes nur gemeinsam mit ihren Schlittenhunden in der Weite Schwedisch Lapplands erfährt.

Denn dort findet sie nach vielen Irrungen und Wirrungen ihre endgültige Heimat, die Möglichkeit, als Natur- und Wildnisführerin – im Sommer wie im Winter – tätig zu sein und ihrer Leidenschaft als Musherin zu frönen. So heißen Frauen, die professionell Hundeschlittengespanne lenken. Dabei ist sie mit dem Leithund so eng verbunden und eingespielt, dass er ohne Leine auf ihre gerufenen Kommandos reagiert.

Obwohl Barbara Willen in diesem Buch die Geschichte ihres Lebens schreibt, weist sein Gehalt doch weit über das Persönliche hinaus. Es ist eine Lebensgeschichte, die als Metapher wirkt. Hier reibt sich die Sozialisation eines westlichen Kultur- und Konsummenschen mit dem tiefen Bedürfnis nach Aufgehobensein in einer Welt, die uns viele Jahrtausende lang Heimat war, bevor wir uns daran machten, sie zu zerstören. Was der Autorin am Herzen liegt und sie über 220 Seiten hinweg zum Ausdruck bringt, wird schon am Namen ihrer Homepage klar: https://www.barbarassimplelife.com

Barbara Willen, Natur. Einsamkeit. Glück. Mein Leben in der Wildnis Lapplands. Knaur Verlag, 14,90 Euro, ISBN 978-3-426-79129-5

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