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Dies ist eine Fortsetzung einer mehrteiligen Artikelserie.

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Sechster Teil: Ein Blick in die Zukunft. Wie die nächsten Schritte in meinem Projekt aussehen könnten.

von Kilian Manger

Mein Plan, andere Menschen auf die Thematik Geldsystem aufmerksam zu machen, ist voll und ganz aufgegangen. Seit ich meine eigenen Ideen ins Internet gestellt habe, hatte ich immer einen Anlass, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und mein Thema anzusprechen: Ich erzähle von meinem selbstinitiierten Bildungsprojekt und berichte von meinen bisherigen Erfahrungen. Meistens werden die Menschen dann von ganz alleine neugierig und stellen weitere Fragen.

Vor ein paar Monaten kam mir die Idee, dass ich aus meinem Bildungsprojekt ein „Mitmachprojekt“ erwachsen lassen könnte. Wenn ich eine Art Spiel starte, bei dem Geschäfte, Initiativen, Vereine, Gruppen und Einwohner der Stadt Würzburg mitmachen können, wird das vielleicht dazu beitragen, noch schneller bei einer noch größeren Anzahl möglicher Interessenten Begeisterung zu wecken. Ein spielerischer Einstieg könnte für viele Menschen ein leichter Weg sein, sich mit den Fehlern in der Architektur unseres bestehenden Geldsystems vertraut zu machen.

Für dieses Vorhaben habe ich bisher einen groben Plan entworfen. Das Spiel selbst würde ich als eine Art „solidarisches Regionalwährungsexperiment“ beschreiben, das im Kern von der Großzügigkeit der Mitwirkenden und der Idee des Schenkens getragen wird. Ich denke, viele Menschen freuen sich, wenn man sie dazu einlädt, bei einem Spiel des Schenkens mitzumachen. Vielleicht fühlen sie sich geschmeichelt, wenn man mit einer solchen Einladung offenbart, dass man an ihre Herzlichkeit und Großzügigkeit glaubt.

Wenn mein Plan aufgeht, würde ich bei diesem Regionalwährungsexperiment dafür sorgen, dass eine geringe Anzahl selbst erzeugter Spielgeldscheine, für die mir die Bezeichnung „Obdachlosengeld Würzburg“ eingefallen ist, in den Umlauf kommen. Meiner Einschätzung nach würde eine kleine Anzahl von eins bis zehn Scheinen vollkommen ausreichen, um das Spiel durchzuführen. Im Sinne einer Spielregel würde man unter allen freiwilligen Teilnehmer*innen vereinbaren, jedem solchen Schein anfänglich einen Wert von 2 € zuzuerkennen.

In den Umlauf kommen würden diese Scheine durch eine örtliche Einrichtung der niederschwelligen Wohnungslosenhilfe. Das heißt konkret, finanziell benachteiligte Menschen, die unter Obdachlosigkeit leiden, würden diese neu erzeugten Scheine geschenkt bekommen und hätten die Erlaubnis, damit in teilnehmenden Läden einzukaufen. Die Scheine könnten dort in den teilnehmenden Läden dann zum gleichen Preis an hilfsbereite Kunden weiterverkauft werden, damit die Ladeninhaber nicht auf den Kosten der Geschenke sitzen bleiben. Ein Käufer eines solchen Scheines könnte in einem der beteiligten Geschäfte wieder mit dem Schein einkaufen. Auf diese Weise würde man den Schein von Person zu Person weitergeben und die ursprünglichen Kosten für das Geschenk an den bedürftigen Menschen immer wieder an den jeweils nächsten Beteiligten übertragen. Auf dem Schein sollte eine Tabelle aufgedruckt sein, die vorgibt, dass dieser Komplementärgeld-Schein an gewissen Stichtagen einen Teil seines Werts verliert. Während der Wert des Scheins zu Beginn auf 2 € eingestuft ist, würde er im Laufe der Zeit immer mehr an Kaufkraft verlieren, bis er schließlich nach zwei Jahren seine Wirkung als Zahlungsmittel komplett verloren hätte. Das Spiel mit dem Obdachlosengeld hätte also ein von Beginn an festgelegtes zeitliches Ende. Bis dahin sind die Scheine dann durch mehrere Hände gewandert, konnten ihre Wirkung als Zahlungsmittel entfalten und die Kosten für das kleine Geschenk an einen finanziell benachteiligten Menschen hätten sich auf mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgeteilt.

Beim Obdachlosengeld handelt es sich demnach um Schwundgeld. Diese Idee vom schrumpfenden Geld, die mich aus unterschiedlichen Gründen sehr begeistert, stammt nicht von mir. Ich werfe hier einfach die Stichworte „Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung“ und „Gleichgewichtsgeld“ in den Raum und lege dir ans Herz, einmal im Internet danach zu suchen, wenn du mehr darüber erfahren willst.

Falls sich tatsächlich Menschen für die Teilnahme an einem solchen Spiel gewinnen lassen, würde man dadurch einerseits auf die Lebenssituation obdachloser Menschen und andererseits auf alternative Geldsysteme aufmerksam werden. Das Spiel würde dazu anregen, intensiver über den Mechanismus der Geldschöpfung nachzudenken, denn bei jedem Geldsystem – auch im bestehenden Weltfinanzsystem – gibt es Menschen, die finanziell davon profitieren, wenn neues Geld erzeugt und in den Umlauf gebracht wird. Auch die Möglichkeit des schrumpfenden Geldes und dessen Vorzüge gegenüber dem zinsbehafteten Geld sind sicherlich vielen Menschen bisher unbekannt.

Um mit diesem Spiel beginnen zu können, ist eine technische Herausforderung zu meistern: Es braucht Scheine, die zumindest so fälschungssicher sind, dass sie sich nicht kostengünstig beim nächstgelegenen Copyshop vervielfältigen lassen. Eine solche Möglichkeit der Geldfälschung würde verständlicherweise das Risiko entstehen lassen, dass jemand auf genau diese Weise das Projekt sabotiert, weshalb sich in einem solchen Fall aller Voraussicht nach erst gar keine Mitspieler finden lassen würden.

Von Anfang an war ich sehr zuversichtlich, dass ich eine Möglichkeit finden würde, solche Spielgeldscheine mit Kopierschutz drucken zu lassen, auch wenn ich nicht wusste, welche Firma das wohl für mich machen könnte. Regionalwährungen gibt es an vielen Orten und den daran beteiligten Initiativen ist es schließlich auch gelungen, einigermaßen fälschungssichere Scheine zu erzeugen. Außerdem war mir bewusst, dass es für verschiedenste Veranstaltungen Eintrittskarten sowie für den öffentlichen Nahverkehr Tickets mit silbrigen Glitzerstreifen gibt, die sich der einfachen Vervielfältigung durch Farbdrucker entziehen.

Im nächsten Artikel schreibe ich über meine Versuche, dieses technische Problem der Erzeugung kopiergeschützter Scheine zu lösen.

REGIOS eG: https://www.regios.eu/regiogeld
Regionalentwicklung: http://www.regionalentwicklung.de/regionales-wirtschaften/regionalgeld
Chiemgauer Regiogeld: www.chiemgauer.info

In diesem Beitrag wird das Geldverständnis des internationalen Finanzexperten für Geldsysteme, Bernard Lietaer, in Verbindung mit den Archetypen nach C. G. Jung betrachtet. Erfahrt mehr über das Geheimnis und die Hintergründe der Yin- und Yang-Währung.

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Ein bisschen Kopfzerbrechen und weiter geht’s.

von Kilian Manger

Der vorangegangene vierte Teil dieser Artikelserie machte deutlich, wie ausgesprochen positiv die vielen Reaktionen ausfielen, die mir bei meiner Tätigkeit in der Verbreitung geldreformerischer Ideen entgegengebracht wurden. Dieser fünfte Teil soll nun einen Aspekt in den Mittelpunkt stellen, den ich im Zusammenhang mit meiner geldsystemkritischen Auseinandersetzung als besonders anstrengend empfand.

Die Reaktionen anderer Menschen auf meine Mithilfe in der Bildungs- und Aufklärungsarbeit zu den Fehlern in der Architektur des bestehenden Geldsystems waren stets von Aufgeschlossenheit und Interesse geprägt. Meine Hinweise auf die Reformvorschläge der Geld-Szene wurden immer wieder gut angenommen. Gemeinsam mit einem Mitstudenten konnte ich in Würzburg eine Film- und eine Diskussionsveranstaltung organisieren, zu der mehr als 20 Gäste erschienen. Die beiden Räume dafür durfte ich dank unserer katholischen Hochschulgemeinde und unserer evangelischen Studentengemeinde kostenlos nutzen. Auch an einer vom Bündnis Grundeinkommen organisierten Konferenz, der BGE-Open, durfte ich teilnehmen und traf dort wieder auf viele interessante Menschen samt ihrer Projekte und Ideen.

Eine kleine Würzburger Gruppe von Verfechtern der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens organisiert regelmäßig Aktionen in der Innenstadt, bei der Fußgänger unter Zuhilfenahme einer „Bodenzeitung“ (siehe Link unten) auf die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens aufmerksam gemacht werden. In dieser Gruppe habe ich guten Anschluss gefunden und tolle Menschen kennengelernt. So auch einen ehemaligen Mitarbeiter eines industrienahen Zeitschriftenverlags, dessen medienkritische und geldpolitische Ansichten mich später noch intensiver begleiteten. Als wir mit unserer Bodenzeitung in der Fußgängerzone standen, kam er mit einem Buch über ein alternatives Geldsystem, von dem ich zuvor schon viel Positives gehört hatte, auf uns zu und fing begeistert an, sich mit uns auszutauschen.

Mir ist es schon mehrfach aufgefallen, dass Gespräche über das sensible Thema Geld hochdynamisch sind. So sprangen wir auch in dieser Begegnung sehr schnell von einem Thema zum nächsten. Ein Gespräch voller Überlegungen, die emotional hoch aufgeladen waren. Unsere Unterhaltung führte uns zum Thema Politik, vom Meinungsaustausch über politische Parteien wechselte das Gespräch auf das Thema Migration und vom Gedankenaustausch zu derzeit weltweit stattfindenden Migrationsbewegungen gelangten wir über den Islam zum Christentum. So entfaltete sich eine angeregte, fast zweistündige Konversation über Jesus, das Christentum und den Islam. Wir tauschten unsere E-Mail-Adressen aus und als ich ihn einige Zeit später kontaktierte, um ihn über eine bevorstehende Abendveranstaltung zu informieren, schickte er mir drei Links zu verschiedenen gefilmten Interviews: „Schau dir mal diese drei Videos an. Ich habe da was in den alternativen Medien gefunden …“ Eigentlich jedes seiner Videos, aber ganz besonders die dreistündige Videoaufzeichnung eines Interviews zwischen Ken Jebsen und Bernd Senf (siehe Link unten) fand ich sehr beeindruckend. Diese Videos waren für mich der Auftakt, mich näher mit machtpolitischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung geldreformerischer Ideen zu beschäftigen.

Ein anderes Beispiel für eine interessante und prägende Begegnung mit einem faszinierenden Menschen entstand auf folgende Weise: Eine katholische Ordensschwester, die ich von einem Silvesterkurs im Kloster kenne, erzählte mir von ihrem Schwager, der genauso wie ich eine große Faszination für alternative Geldsysteme entwickelt hatte. Er sei sogar an der Gründung eines Forschungsinstituts mitbeteiligt gewesen, das sich ganz gezielt der Frage nach den unserem Geldsystem innewohnenden Problemen widmet. Manchmal sei er bis tief in die Nacht wach geblieben, wenn er noch etwas herausfinden oder austüfteln wollte.

Als ich ihn kontaktierte, um mich kurz vorzustellen und ihn darum zu bitten, etwas von seinem Wissen mit mir zu teilen, bekundete er seine Freude über mein Interesse und schickte mir eine Sammlung verschiedener Internetseiten. Er meinte, es handle sich dabei um seine favorisierten Informationsquellen, die ich gerne nutzen könne, wenn ich lernen will, wo die großen Probleme unserer Welt herkommen. Seiner E-Mail fügte er die Warnung hinzu, dass ein zu hoher Konsum der dort verbreiteten Informationen ungesund sei. Er selbst sei einmal depressiv geworden und hatte psychosomatische Gesundheitsstörungen von zu viel Erkenntnis und Problembewusstsein – aber das helfe nicht weiter, um die Welt zu ändern.

Später durfte ich diesen Menschen, ein Informatiker und Experte auf dem Gebiet der Kryptowährungen, auch persönlich kennenlernen. Er habe sich vor einiger Zeit einmal mit politischen Verschwörungstheorien auseinandergesetzt. Er habe vieles, was er damals über die heutige weltpolitische Situation zu hören bekam, für so widerwärtig gehalten, dass er es nicht glauben wollte. Also habe er damit begonnen, gründlich zu recherchieren – mit dem Ziel im Kopf, eine dieser gespenstischen Behauptungen zu falsifizieren. Blöderweise, so erzählte er mir, kam er zu dem Ergebnis, dass sein bisheriges eher naiv-optimistisches Bild von unserer heutigen weltpolitischen Situation falsch sein musste und dass manchen dieser schmerzhaften Theorien tatsächlich ein wahrer Kern innezuwohnen scheint. Diese Erkenntnis schlug sich wohl eine Zeit lang auf seine psychische Gesundheit nieder.

Das Gespräch mit ihm tat mir gut. Er ist ein begnadeter Musiker. Als er nach unserer Diskussion die Gitarre in die Hand nahm und zu singen begann, entstanden bei mir das Gefühl und der Eindruck, dass dieser Mensch mit seinem Scharfsinn und seinem politischen Wissen eine große Last auf seinen Schultern zu tragen scheint: Aus Wissen erwächst Verantwortung.

Ähnlich wie er hatte auch ich ein prägendes, wenn nicht ganz so gravierendes Erlebnis, das mir zumindest drei Tage lang Kopfzerbrechen und leichte Bauchschmerzen verursachte. Es war ein achtstündiges Gespräch bei einem Besuch bei einem Rentner, den ich über meine Begegnungen in geldsystemkritischen Kreisen kennenlernen durfte.

Eines scheint dem Thema Geldsystem innezuwohnen: Wenn man sich damit beschäftigt, stößt man wie von alleine irgendwann auf Menschen, deren sonderbare und aggressive politische Meinungen Unwohlsein verursachen. Wenn man sich mit der Architektur unseres Geldsystems und dessen historischer Entstehung ernsthaft auseinandersetzt, kommt man an machtpolitischen Überlegungen nicht vorbei. Mir scheint unser Geldsystem tatsächlich einer der dunkelsten Flecken unserer heutigen Demokratie zu sein: Den Tag hat es noch nicht gegeben, an dem sich reiche und arme Menschen an einen Tisch setzen, ehrlich über die Verteilung von Eigentum, Vermögen und Besitz diskutieren und einen Plan für ein faires Geldsystem entwerfen, von dem alle Menschen gleichermaßen profitieren – von der politischen Umsetzung ganz zu schweigen.

So waren es immer auch Einzelne mit ihren Ideen, Geschichten und Eigenarten, die mich auf meinem Weg der Beschäftigung mit dem Thema Geldsystem begleitet und motiviert haben.

Link zu meinem Projekt: https://sites.google.com/site/projektzeitschein
Bündnis Grundeinkommen: https://buendnis-grundeinkommen.de
Bodenzeitung: https://www.grundeinkommen.de/15/07/2014/aufmerksamkeit-durch-bodenzeitung.html
alternatives Geldsystem: https://gradido.net
Interviewgespräch zwischen Ken Jebsen und Bernd Senf: https://kenfm.de/bernd-senf
Buchempfehlung: „Schulden: Die ersten 5000 Jahre“ von David Graeber

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Es kann losgehen. Eine philosophische und praktisch-konkrete Auseinandersetzung im Dialog mit anderen Menschen.

von Kilian Manger

In den drei vorangegangenen Artikeln habe ich die Grundgedanken und die Motivation hinter meinem Bildungs- und Vernetzungsprojekt beschrieben. Weiter geht es nun mit einer Beschreibung, wie ich ganz konkret in den letzten beiden Jahren damit begonnen habe, in der Art eines Netzwerkers oder Multiplikators andere Menschen auf geldsystemkritisches und geldreformerisches Gedankengut aufmerksam zu machen. Wie ist also mein bisheriger Weg in die „Geld-Szene“ verlaufen?

Eine eigene Internetseite anzulegen, um dort Texte bereitzustellen, ist heute sehr leicht und kostenlos möglich. Außerdem hatte ich damit bereits Erfahrung. Dieser erste technische Schritt beim Veröffentlichen meiner Ideen gelang mir ohne Mühe. Über mein vergangenes Engagement in der kirchlichen Jugendarbeit wusste ich bereits von der Impressumspflicht, die es beim Anlegen einer Website zu berücksichtigen gilt. Auch einen Disclaimer konnte ich meinem Internetauftritt hinzufügen. Übrig blieb da noch die Frage nach einer eventuellen Lizenz für meine veröffentlichte Ideensammlung. Von Creative Commons hatte ich bereits gehört. Ich wählte die „CC0-Lizenz“: Jeder darf meinen Text kopieren, verändern und ergänzen, wie er will. Genau das passt für mich. Ich will mit meinem Text ja anderen Menschen dabei helfen, mehr über das Thema Geld zu sprechen und zu schreiben. Da erlaube ich ihnen natürlich, dass sie alle meine Überlegungen uneingeschränkt verwenden dürfen. Meinetwegen auch kommerziell.

Meine Erfahrungen im Gespräch mit anderen Menschen über mein Projekt lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Leute reagieren emotional auf das Thema Geld. Jeder hat was dazu zu sagen. Ein schönes Erlebnis für mich waren die Reaktionen anderer Kinobesucher auf einen von mir eingebrachten Redebeitrag an einer von attac Würzburg organisierten Diskussionsrunde nach einer Vorführung des Films „System Error“. Ich hatte den Diskussionsteilnehmern erzählt, dass ich an einer Ideensammlung schreibe und an ihren Rückmeldungen interessiert bin. Am gleichen Abend bekam ich von mehr als fünf Menschen ihre E-Mail-Adresse. Eine der Frauen, die ich auf diese Weise kennengelernt habe, las daraufhin meine komplette damals 24-seitige Ausarbeitung, lud mich auf einen Tee ein, zeigte mir die Gemüsegärtnerei, in der sie arbeitet und gab mir sehr wertvolle Verbesserungsvorschläge für meinen Text mit auf den Weg.

Ich denke, der Ernst des Themas ist den meisten Menschen spontan bewusst. Auch wer sich noch nicht großartig mit der Thematik auseinandergesetzt hat, trägt dieses intuitive Gefühl in sich, dass irgendetwas mit dem Geld in unserer Welt nicht stimmt. Oftmals stehen auch prägende Lebenserfahrungen, festgefahrene Überzeugungen und/oder starre Weltbilder in direktem Zusammenhang mit Geld. Die Gespräche über unser Geldsystem waren oftmals ein echter Informationsaustausch. Ich durfte nicht nur erzählen. Ich konnte auch viel lernen.

So erfuhr ich über den Freiraum Würzburg, ein nichtkommerzielles Begegnungszentrum in unserer Innenstadt, von der regionalen Zeitbank, einem Tauschring, dessen Funktionsweise sich nicht wirklich stark von dem unterscheidet, was ich zuvor als eigene Erfindung betrachtet und als „vertrauensbasiertes Geldsystem“ bezeichnet hatte. Auch der Begriff der Schenkökonomie wurde an mich herangetragen und entfachte große Begeisterung in mir.

An einem Vortrag über die Postwachstumsökonomie und das Würzburger Zukunftshaus lernte ich einen jungen Softwareentwickler kennen, der in der deutschsprachigen Geld-Szene gut vernetzt ist und vom Thema Geldsystem vermutlich mehr Ahnung hat als jede andere Person, die mir bisher über den Weg gelaufen ist. Er nahm sich viel Zeit für mich, traf sich mehr als einmal zum Spazierengehen mit mir und machte mich auf Überlegungen aufmerksam, die ich bisher noch nicht angerührt oder zu Ende gedacht hatte.

Auf einer Druckkostenlesung einer von Studenten neu gegründeten kollektiven Literaturzeitschrift bekam ich sogar mehrfach die Möglichkeit, einige meiner Gedanken einem breiten Publikum vorzustellen. Ich scheute mich auch nicht, komplett fremde Menschen auf mein Projekt anzusprechen. Einmal wendete ich mich per E-Mail an einen Professor und Buchautor, dessen Meinungen mir gut gefallen. Von ihm bekam ich die Antwort, dass an unserer Würzburger Universität ein „Forschungsprojekt zur Demokratisierung von Geld und Kredit“ begonnen hat. Dort konnte ich dann an einem Seminar teilnehmen, bei dem ich auf weitere interessante und hilfsbereite Menschen stieß. Ich glaube, unter den Menschen, die sich einmal intensiv mit unserem Geldsystem befassen, gibt es viele, bei denen daraus eine große Begeisterung für tatkräftiges Engagement erwächst. Die Weltverbesserungsmentalität und die höchst konstruktiven Gedanken aus der Geldreformbewegung schwappen sehr leicht auf neue Menschen über.

Zum Abschluss unseres Seminars wurde an diesem Lehrstuhl unserer Universität eine Podiumsdiskussion zur „Finanzierung der Zukunft“ organisiert, an der zwei relativ bekannte Professoren zum Streitgespräch eingeladen waren. Für mich war das eine gute Gelegenheit, andere Menschen auf das Thema aufmerksam zu machen. Ich fragte in ein paar Geschäften nach, ob ich dort ein Werbeplakat aufhängen dürfte und war erstaunt über die vielen freundlichen und aufgeschlossenen Reaktionen. Schlussendlich lief ich ein paar Tage lang durch die Stadt, weil mir in meiner Begeisterung immer wieder noch ein Laden mehr eingefallen war, bei dem ich noch nachfragen könnte. Insgesamt waren es wohl über 40 Plakate, die ich so an unterschiedlichen Orten aufhängen konnte.

Tatsächlich scheint das Thema „Geldsystem“ meinem Empfinden nach ganz nah am Puls der Zeit zu liegen. Mit wem auch immer ich in den letzten beiden Jahren darüber gesprochen habe, Interesse und Verständnis begegneten mir fast überall. Bei all der Begeisterung und all der Aufgeschlossenheit meiner GesprächspartnerInnen waren doch manche der so entstandenen Diskussionen für mich emotional nicht leicht zu verdauen. Mehr dazu im nächsten Artikel.

Link zu meinem Projekt: https://sites.google.com/site/projektzeitschein
attac: https://www.attac-netzwerk.de/index.php?id=77263
Freiraum Würzburg: https://freiraumwuerzburg.wordpress.com/freiraum-wuerzburg/
Beispiel einer Zeitbank: http://www.spes.de/index.php?id=191
Schenkökonomie: http://www.schenkökonomie.org/buch/
Postwachstumsökonomie: http://www.postwachstumsoekonomie.de/netzwerk
Zukunftshaus: http://www.zukunftshaus-wuerzburg.de/
eine Komplementärwährung im Entstehen: http://credere.eu/
Kollektive Literaturzeitschrift Würzburg: https://literatur-wuerzburg.de/texte/
Forschungsprojekt: https://www.fordemocracy.de/projekte/projekt-03/

Anstelle eines Kommentars:

Eine Artikelserie über das Weltfinanzsystem, die Geldreformbewegung und das persönliche Projekt eines Lehramtsstudenten aus Würzburg.

Dies ist der erste Teil der Serie.

Teil 2 findest du HIER

Teil 3 findest du HIER

Teil 4 findest du HIER

Teil 5 findest du HIER

von Kilian Manger

Hallo und herzlich willkommen in meiner Artikelserie über das “Projekt Zeitschein”. Wer ich bin? Kilian Manger, Jahrgang 1992, ein Student in Würzburg, der davon träumt, durch sein selbstinitiiertes Bildungs- und Vernetzungsprojekt einen Beitrag zur Reform des Weltfinanzsystems zu leisten.

Ich habe in meiner Freizeit damit begonnen, eine Ideensammlung zu schreiben und im Internet zu veröffentlichen, in der ich von meinem Plan erzähle, durch den Aufbau alternativer Geldsysteme die Welt zu verändern und eine Kultur des Schenkens entstehen zu lassen. Es geht um Weiterlesen

von Elisabeth Voss

Die Bertelsmann-Stiftung führt gemeinsam mit den Vereinten Nationen ein Projekt „Sustainable Development Goals Index“ durch […] Ausgerechnet diese Konzernstiftung, die mit ihrer fast religiösen Ideologie von schlankem Staat und Privatisierungen den neoliberalen Gesellschaftsumbau befürwortet … Weiterlesen

Seit ich weiß, dass es Prostitution gibt, frage ich mich, weshalb es so anrüchtig ist, einen winzigen Teil seines Körpers zu verkaufen, aber völlig akzeptabel, dass man seinen Körper oder Geist vollständig verkauft. Wir alle, die wir als Arbeiter, Angestellte, Beamte oder Selbständige arbeiten, verkaufen uns, und meistens sogar unter Wert.

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Letzteres ist ein eigenes Thema, das im linken Spektrum rauf und runter diskutiert wurde und wird. Worum es mir hier geht, ist die Tatsache, dass wir uns ganz unhinterfragt, ganz selbstverständlich verkaufen; so dass uns die eigene Verkäuflichkeit so normal vorkommt wie die Jahreszeiten. Doch indem wir uns verkaufen, verbrüdern uns mit den Käufern, begeben uns auf die gleiche Ebene mit ihnen und streiten nur darum, ob wir mehr oder weniger wert sind. Mit anderen Worten: Wir prostituieren uns in einer Tour. Und wir bringen unseren Söhnen und Töchtern von klein auf bei, Weiterlesen

Dieses 12-Minuten-Video erklärt knapp und klar, warum so viele Prozesse in der westlichen Welt so laufen, wie sie eben laufen.
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September-Interview 2019 mit Ela Kagel und Thomas Dönnebrink

Ela Kagel gründete vor sechs Jahren den “Berliner Supermarkt“, einen unabhängigen Hub für die kooperative Wirtschaft in Berlin. Seit rund 20 Jahren hat sie an zahlreichen Plattformen und Projekten sowohl in Berlin als auch international federführend mitgearbeitet. Als Digitalstrategin berät sie heute Kunden aus Kultur und freier Wirtschaft und moderiert Workshops und Konferenzen zu Innovations- und Technologieprozessen.

Thomas Doennebrink ist als OuiShare.net-Connector für Berlin und Deutschland damit beschäftigt, die Collaborative Economy in diesem Land zu promoten und zu vernetzen und ist gern auf der Suche nach Abenteuern und umsetzbaren Modellen für eine nachhaltige Zukunft. Seit einigen Jahren arbeitet er eng mit dem Berliner Supermarkt zusammen

Beschreibt bitte in max. 3 Sätzen das Projekt, an dem Ihr gerade arbeitet.

Ela: Wir bauen Plattformgenossenschaften (Platform Coops) auf, damit die Leute digital und transnational arbeiten können.
Wir veranstalten Workshops und Konferenzen, Community Meetups, nehmen an Studien und Forschungsprojekten teil und Weiterlesen