Chlorophyll – davon kann man nicht genug kriegen

Grün ist gesund – meistens

Grün ist gesund. Die Faustregel kann man so stehen lassen, wenn wir sie nicht gerade über den Kamm scheren und grüne Kartoffeln, rohe grüne Bohnen oder Gras futtern oder grüne Knollenblätterpilze naschen. Grün ist die häufigste Farbe in der für uns sichtbaren Natur. Das Pflanzenkleid der Erde verbinden wir mit Fruchtbarkeit und Leben im Gegensatz zum winterlichen Grau oder zu den Gelbtönen der Sandwüste. „Grün“, sagt der Volksmund nicht umsonst, „ist die Hoffnung.“ Werden Pflanzen mit überwiegend grünem Licht bestrahlt, wachsen sie schneller.

Weniger Arztkosten durch mehr Grün

Farbtherapeuten nutzen die Kraft dieser Farbe, für sie ist es die Farbe des Ausgleichs und des inneren Friedens, der Harmonie, eine Farbe der aktiven Ruhe. Grün wirkt beruhigend aufs Auge, aber nicht einschläfernd. Eine ganz ähnliche Kraft sprechen Ernährungsexperten dem Grün zu. Vegetarier, so die überwiegende Meinung, leben länger und erkranken deutlich seltener an Krebs. Vielleicht ist das ja so, weil sie wegen all des Grüns auf ihrem Teller seltener in Stress geraten? Vermutlich nicht. Wir wissen ja, dass Gemüse massenhaft Vitalstoffe enthalten, Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und die viel gepriesenen und geheimnisvollen sekundären Pflanzenstoffe, die Mediziner inzwischen als Phytamine bezeichnen. Sie sind – zumindest im Labor – in der Lage, den Blutdruck zu senken, Thrombosen zu verhindern, den Blutzuckerspiegel zu regulieren und die Verdauung zu fördern. Sie machen Bakterien den Garaus, geben dem Immunsystem Feuer, hemmen Entzündungen, senken den Cholesterinspiegel und beugen Krebs vor. Spart sich also, wer Grün isst, die Krankenkassenkosten? Das dürfte übertrieben sein, doch dass uns Grün tatsächlich viele Krankheiten ersparen kann, steht außer Frage.

Auch die Lammkeule ist gesund

Leider ist das aber eine statistische Aussage. Denn so wie Nichtraucher an Lungenkrebs erkranken können, so sterben auch Vegetarier an Krebs. Eines wird nämlich angesichts der positiven Berichterstattung über Obst und Gemüse immer wieder vergessen: Nichts schadet mehr als Nahrung, die man aus puren Vernunftgründen, aber mit Widerwillen in sich hineinstopft. Was nicht bedeutet, dass eine dauerhafte Eisbein- und Haxenbegeisterung keine sichtbaren und unsichtbaren Spuren hinterließe. Aber die genussvoll verzehrte Lammkeule, das gelegentliche Wiener Schnitzel oder das Lammragout tragen mindestens ebenso zur Gesundheit bei wie der Brokkoliauflauf. Esoterisch orientierte Vegetarier argumentieren gerne, es sei die Friedlichkeit der Pflanzenwelt, welche auch die Menschen friedlicher mache. Sie vergessen bei ihrer anthropozentrischen Sichtweise, dass einerseits der überwiegende Teil der Tierwelt eines friedlichen Alterstodes stirbt – gibt es ein harmonischeres Bild als das vom Vögelchen, das Maden aus der Schnauze eines Krokodils pickt? – und dass andererseits die Ortsgebundenheit der Pflanzen möglicherweise der einzige Grund ist, weshalb Ringelblumen nicht gegen Sauerampfer in den Krieg ziehen. Gegen Ungezieferattacken wissen sich Wildpflanzen jedenfalls gut zu wehren: Mit Gift und Galle halten sie sich die Fraßfeinde vom Leib. Sonst wären sie schon längst ausgestorben.

Grün unterstützt das Gedächtnis

Interessanterweise wurde bei der Beschäftigung mit dem Nutzen der Pflanzen ihr typischstes Merkmal lange Zeit übersehen – ihre grüne Farbe. Weil der Mensch nicht grün ist, ging man lange Zeit davon aus, das Chlorophyll bzw. Blattgrün habe für ihn keine Bedeutung, sei lediglich eine Art technisches Merkmal der so ganz anderen Pflanzenwelt. Ob nun das Pflanzengrün für uns ebenso lebensnotwendig ist wie für Pflanzen, steht dahin, doch wichtig scheint es allemal; allein schon deshalb, weil Menschen als Omnivoren, als Allesfresser, seit jeher viel Grünes gegessen haben und unser Organismus evolutionär daran gewöhnt ist. Erstmals entdeckte man in den 30er bis 40er Jahren des letzten Jahrhunderts eine heilende Wirkung von Chlorophyll bei Wunden, Entzündungen und Infektionen: Es kann die Wirksamkeit von Penicillin um bis zu 35 Prozent erhöhen. Während des Zweiten Weltkrieges wurden Chlorophyllsalben erfolgreich bei Kriegsverwundungen eingesetzt, bei denen andere Wundheilmittel nicht mehr anschlugen.

Chlorophyll wirkt antibakteriell und fördert das Gewebewachstum. Eine große Studie vom Frühjahr 2025 zeigte, dass Chlorophyllderivate [aus Chlorophyll abgeleitete Stoffe] antioxidative, Erbgut schützende sowie entzündungshemmende Effekte aufweisen können. Chlorophyll zerpflückt Kohlendioxid und setzt so Sauerstoff frei, der anaeroben Bakterien an die Nieren geht. Apropos Sauerstoff: Chlorophyll soll auch die Wirkung des eingeatmeten Sauerstoffs verstärken, so dass er länger in den Gehirnzellen bleibt. Je mehr Gemüse – nicht Obst – ein Mensch isst, desto mehr verbessert sich seine Gedächtnisleistung, wie Wissenschaftler vom Rush University Medical Center Chicago in einer Studie mit knapp 3.800 älteren Menschen feststellten. Daraus erklärt sich vielleicht, weshalb Kopfarbeiter intuitiv mehr Gemüse essen als Faustarbeiter.

Gemüse statt Pillen

Doch damit nicht genug. Im Herz-Kreislauf-System scheint Chlorophyll das Wachstum neuer Blutzellen zu fördern und in der Leber den Abbau von Giften zu unterstützen. Wegen seiner geruchsbindenden Wirkung wird es auch industriell als Deodorant in Kosmetika verarbeitet. Ein wesentlicher Teil im Chlorophyll-Molekül, der so genannte Porphyrin-Ring, enthält Magnesium, das gegen andere, schwerere Metalle ausgetauscht werden kann. Diese Fähigkeit wird zur Schwermetall-Entgiftung mit speziellen, sehr Porphyrin-reichen Algen-Konzentraten genutzt, etwa wenn es darum geht, den Körper von Quecksilber-Belastungen (z.B. durch Amalgamfüllungen im Gebiss) zu befreien.

Das Angenehme an diesem sichtbarsten aller sekundären Pflanzenstoffe ist seine Allgegenwart in Gemüse. Das heißt, wir müssen keine Chlorophyll-Pillen schlucken. Und auch wenn uns eingeredet wird, Produkte wie Gersten- oder Weizengrassaft machten uns wegen ihres hohen Chlorophyllgehalts nahezu unsterblich – viel Gemüse schmeckt besser, lässt sich tausendfach lecker zubereiten und liefert uns schon rein aus Volumengründen unter dem Strich mehr Chlorophyll als Spirulina-Algen, Alfalfa & Co. Besonders viel grünen Pflanzenstoff finden wir, wenn wir Brennnessel, Broccoli, Petersilie, Spinat, Rosenkohl oder ganz einfach Kopfsalat essen, so viel und so oft wie möglich – oder zum Gläschen Rotwein eine Handvoll grüne Oliven schnabulieren.

Chlorophyll in Pflanzen

Das Protein Chlorophyll (aus griechisch chlóros – hellgrün und phýllo – das Blatt), auch Blattgrün genannt, trägt dazu bei, dass Pflanzen ihre grüne Farbe erhalten. Mit Hilfe von Chlorophyll stellen Pflanzen während der Photosynthese aus Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid nutzbare Energie in Form von Kohlenhydraten her. Ohne Chlorophyll gäbe es kein pflanzliches und damit generell kein Leben auf der Erde. Interessanterweise ähnelt Chlorophyll unserem roten Blutfarbstoff Hämoglobin auf verblüffende Weise; bis auf ein einziges Atom sind sie identisch, wie Richard Martin Willstätter herausfand, der für seine Forschungen an Chlorophyll und Hämoglobin den Nobelpreis für Chemie erhielt. Allerdings ist die oft geäußerte These, unser Körper könne Chlorophyll in Hämoglobin umsetzen (und sei somit ähnlich Blut bildend wie Eisen), höchstwahrscheinlich ein Mythos.

Als Lebensmittelzusatzstoff hat Chlorophyll die Kennnummer E 140.

Grün in der Farbtherapie

Grün ist die bevorzugte Farbe für erschöpfte und nervlich gestresste Menschen. Es wirkt beruhigend und ausgleichend auf das sympathische Nervensystem und beeinflusst so das Herz und das Nervensystem positiv. Unter Anspannung stehende Blutgefäße werden entspannt, überhöhter Blutdruck sinkt. Diese Wirkung tritt schon bei Spaziergängen in freier Natur ein. Der verbesserte Blutfluss erzeugt ein Gefühl von Wärme und Beruhigung. Farbtherapeuten behandeln deshalb mit der Farbe Grün in Licht, Umgebung, Kleidung, Nahrung, Getränken und Kleidung Erschöpfungszustände, Schlaflosigkeit, Übererregung, Nervenkrankheiten und Reizbarkeit, aber auch Herzleiden, Heuschnupfen, Asthma und Bronchialleiden. Grün wirkt auch als Aphrodisiakum und sexualstärkendes Mittel. In Ausnahmefällen reagieren Menschen auf Grün aber auch ungehalten und überempfindlich. In diesem Fall übernehmen Orange oder Rot eine ähnlich positive Wirkung.

Jüngere Forschungen deuten darauf hin, dass Chlorophyll, über sechs Wochen hinweg eingenommen, die Wirkung von Antidepressiva verstärkt, aber auch Angstwerte sinken deutlich lässt.

Chlorophyll gegen Mund- und Körpergeruch

Chlorophyll-Präparate gehören zu den bewährten naturheilkundlichen Mitteln gegen Mundgeruch. Anders als Mundwasser wirkt es nicht durch Überlagerung des Mundgeruchs, sondern quasi „von innen heraus“. Die genaue Wirkweise ist noch nicht erforscht, aber man vermutet, dass Chlorophyll die Enzymsysteme von Eiweiß zersetzenden Bakterien lähmt, egal, ob diese nun im Mund oder auf der Haut wirksam werden.

Bobby Langer

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Quellen: altmedangel.com; Brockhaus Ernährung; dradio.de; eatingwell.com; focus.de; forum-naturheilkunde.de; gemuesebau.org; novamex.de; onmeda.de; reform-rundschau.de; researchgate; Schweizer Krebsforum & Gesundheitsboard; springerlink.com; SWR; teewikipedia.com; vitanet.de; webmd.com; wikipedia

Foto: pixabay/tomekwalecki

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