Wie aus der ökoligenta die ökoligenta wurde

Der Giraffenkuss der ökoligenta

Mündlich habe ich die Geschichte schon öfters erzählt, jetzt will ich’s auch mal schriftlich tun. Letztlich begann alles mit Gabi Bott aus Sieben Linden. Das weiß sie nur nicht. Über sie hatte ich von der Tiefenökologie und Joanna Macy und ihrem Ruf nach dem Großen Wandel erfahren. Nach einem Großen Wandel, der die gesamte westliche Zivilisation umfassen muss, um sie zukunftstauglich zu machen. Danach sehnen sich inzwischen unendlich viele Menschen, die alle spüren: So kann und darf es nicht weitergehen. Viele von ihnen haben aber resigniert. „Da kann man doch nichts machen. Unsere Zivilisation fährt unweigerlich gegen die Wand. Es ist zu spät.“ So die häufige, landläufige Meinung.

Die unterseeische Wandelbewegung

Aber ich wusste und weiß: „Man kann!“ Dieser Große Wandel ist längst im Werden. Es gibt ihn, aber noch ist er eine Art unterseeische Strömung, von der an der Oberfläche noch kaum Notiz genommen wird. „Sieben Linden“ selbst ist ein Teil davon oder, weniger weit von Würzburg entfernt, die „Gemeinschaft Schloss Tempelhof“. Aber auch 1001 einzelne Menschen, die für kleine, weltfreundliche Projekte arbeiten und kämpfen oder ganz einfach („Nein, es ist eben nicht einfach!“) ihr Leben verantwortungsvoll zu leben versuchen.

Viele Häuflein von Aufrechten also, quer übers Land, quer über Europa, quer über die Welt verteilt. Und nicht nur werden sie von der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen; meistens kennen sie einander nicht, weder die einzelnen noch die Projekte untereinander. Klar, es gibt Blasen, in denen man sich kennt, Blasen, die sich durch die Möglichkeiten des Internets schon ziemlich groß anfühlen. Und doch Blasen geblieben sind.

Ökoligenz – eine neue menschliche Eigenschaft

Man müsste also ein regelmäßiges Treffen dieser Menschen, Projekte und Ideen organisieren, dachte ich mir, damit sie sich nicht nur kennenlernen, sondern sich auch Synergien entfalten können. Nur wie dieses Treffen organisieren, wie es finanzieren? Eine Grüne Messe wäre vielleicht eine Lösung, wo einerseits die Wandler*Innen ihre Ideen und Projekte austauschen könnten, andererseits umwelt- und ökologieinteressierte Verbraucher*innen – gegen Eintritt – dieser „Avantgarde des Großen Wandels“ begegnen könnten.

Darüber dachte ich nach, als ich Alander Baltosée begegnete. Er hatte bereits seit einigen Jahren im Meer der Möglichkeiten für einen Großen Wandel recherchiert und die Ergebnisse in seinem 2011 erschienenem Doku-Roman „Jamilanda“ zu einer Social Fiction verwoben, in der er einen selbstverwalteten Kleinstaat in Hessen visioniert. In den Dörfern der ländlichen Region verwirklichen Menschen ein zukunftsfähiges Leben, und zwar zukunftsfähig in jeder Hinsicht: sozial, kooperativ, ökologisch nachhaltig, mit nachwachsenden Rohstoffen selbstversorgend, grün-technisch optimiert, gärtnerisch differenziert, erzieherisch Potenzial entfaltend und nicht zuletzt auch innerlich seelisch. Damit das Miteinander und Synergetische in „Jamilanda“ klappt, ist „Ökoligenz“ nötig. Mit diesem neuen, von ihm geprägten Begriff beschrieb Alander eine (neue) menschliche Eigenschaft, in der sich rationale und emotionale Intelligenz mit einem Gespür für das ökologisch Richtige verbinden. (Begeistert und erstaunt von den vielen ökologischen und sozialen Innovationen, die abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit aufkeimten, recherchierte er weiter und widmet sich seither in seinen journalistischen Artikeln ökoligenten Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit. Ökoligenz, ja, das war ein prima Begriff, der auf den Punkt bringt, was wir brauchen.)

Die Messe Ökoligenta – Anfang und Ende einer Wandelvision

Gemeinsam begannen Alander, ich und eine Vertriebspartnerin mit viel Elan  und hohem energetischen Aufwand eine Veranstaltung zu entwerfen, die wir – in Anklang an die Kasseler dokumenta – Ökoligenta nannten. Es sollte eine Kombination werden aus Grüner Messe, Festival des Wandels und Treffen für die Wandler*innen. Leider ging das Projekt gründlich schief. Widrige Winde bliesen uns ins Gesicht, der Veranstaltungsort erwies sich als extrem schwierig und die Gefahr, bei schlechtem Wetter mit 50.000 Euro Miesen nach Hause zu gehen – die wir nicht hatten – war groß. Irgendwann zogen wir die Notbremse, sagten die Sache ab und kamen mit einem blauen Auge in Form von ein paar Tausend Euro Miesen davon. Es sollte nicht sein, und jetzt ist es besser, schöner, richtiger geworden.

Ökoligenta – das Wandelnetz

Nun hatten wir also eine wunderbare Idee, einen klangvollen Namen und eine stattliche Homepage, aber das Projekt war uns zwischen den Fingern zerronnen. Wir besannen uns auf den eigentlichen Kern der Idee: Synergien zu schaffen und Öffentlichkeitsarbeit für den Großen Wandel zu machen.

Also setzten sich Alander und ich an die Homepage und erschufen sie so gut wie neu. Seite für Seite, Rubrik für Rubrik, Text für Text, Bild für Bild. Das funktionierte (und funktioniert), als hätten wir das schon immer so gemacht. Einer schrieb, der andere ergänzte und umgekehrt. Wir feilten hin und her, bis der Text für uns stimmte, wobei ich eher der nüchterne Part bin, Alander der poetische. Weshalb der letzte optische Feinschliff der Seiten auch bei ihm lag und liegt. „Ökoligenta – das Wandelnetz“ war wie ein Phönix aus der Asche entstanden!

Offenbar hatten wir uns erst durch das Dickicht konventioneller Ideen kämpfen müssen, um da zu landen, wo wir jetzt sind: in enger Verbindung mit green net project, makers for humanity und der Karte von morgen, mit Connected Awareness, Human Connection und vielen anderen Projekten des Großen Wandels, zu dem wir weiter so aktiv wie möglich beitragen werden – nicht, indem wir gegen etwas kämpfen, sondern uns für etwas engagieren. Und siehe da: Jetzt gibt es ein regelmäßiges Treffen der Akteure der Wandelbewegung in Ferropolis. Und 2019 wird es ein großes Mitweltfestival geben. Dazu später mehr.

Und das alles vielleicht ja mit Euch, die Ihr dies lest und hoffentlich auch in der einen oder anderen Weise zum Großen Wandel beitragt. Es gibt viel zu tun. Wer Lust hat, bei uns mitzumachen, ist herzlich eingeladen. Jede Stunde zählt.