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von Peter Zettel

Rote oder blaue Pille?

Gestern sah ich in einem Video-Gespräch im Hintergrund ein Bild mit einer roten und einer blauen Pille. Ganz klar eine Anspielung auf den Film „Matrix“. Was mich zu der erstaunten Frage veranlasste „Du hast dich noch nicht entschieden?“

Sein „Doch, habe ich!“ klang mir jedoch nicht überzeugend, denn hätte er sich entschieden, wäre da eine Pille weg. Falls Sie den Film nicht kennen:

Neo wird vor die Wahl gestellt, eine blaue oder eine rote Pille zu schlucken. Nimmt er die blaue, geht es für ihn zurück in seine heile Welt, die nicht der Realität entspricht. Die rote Pille bewirkt das genaue Gegenteil und befreit ihn aus der Simulation.

Also ich kenne keinen Philosophen oder Wissenschaftler, den ich ernst nehmen würde, der nicht die rote Pille geschluckt und eine eindeutige Meinung hätte. Der Weg Suche nach der Wahrheit lässt nämlich keinen anderen Weg zu. Rote oder blaue Pille?

Die Entscheidung muss man treffen: Will ich wirklich die Wahrheit über mich selbst wissen oder möchte ich nur meine Ansichten bestätigt haben? Die Wahrheit kann nämlich ganz schön hart sein.

Weiter mit Mit den Wölfen heulen …

Permakultur lässt sich aufs eigene Leben übertragen

“We are all elders in training …”
Mala Spotted Eagle

Mit „Krisen-Fest – wie wir aus Lebenslust die Welt retten. Eine Ode an unsere natürliche Resilienz“ schreibt Marit Marschall ein Handbuch für alle Menschen, die nicht „in Jammern und Leiden“ verharren wollen. „Wir Menschen haben Mist gebaut, und jetzt machen wir es besser“, konstatiert sie. Krisen-Fest ist ein poetisches, kluges Lehrbuch für all jene, die nach einer Methode suchen, wie sie in einer krisengeschüttelten Zeit persönlich als Mensch, aber auch – sofern sie das wollen – gärtnerisch, stabil werden und bleiben können.

Von Bobby Langer

Wie kann es sein, dass ein Ökosystem Jahrhunderte, ja Jahrtausende funktioniert, so lange der Mensch es in Ruhe lässt? Was sind die ineinandergreifenden Prinzipien eines solchen „Wunders“, haben sich die beiden Australier Bill Mollison und David Holmgren vor ein paar Jahrzehnten gefragt und haben sich auf die Suche nach Antworten gemacht. Heraus kam die „Permakultur“ mit Erkenntnissen, die sich in Windeseile über den Erdball verbreitet haben. Auch in Deutschland gibt es inzwischen Tausende von Anwendern der Permakultur-Prinzipien, die in Hausgärten ebenso gut funktionieren wie auf dem Bauernhof.

Längst hat sich Permakultur zu einer Agrar-Systemwissenschaft entwickelt, die die Grundlagen des biologischen Anbaus sowohl vervollständigt als auch erweitert. Und Permakultur lässt sich erlernen, in Deutschland in privaten Akademien, in Österreich sogar an der Universität für Bodenkultur Wien. Nach einer mehrjährigen Ausbildung erhält man den Abschluss als Permakultur-Designer/in.

Auch Marit Marschall hat auf der Suche nach der Quelle unserer natürlichen Resilienz diesen Weg gewählt. In ihrer Abschlussarbeit hat sie dargelegt, dass sich die „geistigen Werkzeuge“ der Permakultur auch auf die menschliche Lebensplanung anwenden lassen, als Design für die innere Landschaft. „Wir können uns ausprobieren als innerer Gärtner und Designer unseres Lebens“, sagt Marit Marschall. Dazu hat sie den „Baumplan“ entwickelt und seine Verwendung in ihrem Buch leicht verständlich, übersichtlich und kleinschrittig nachvollziehbar beschrieben. Die anmutigen und überraschenden Farbbilder der englischen Naturkünstlerin Amber Woodhouse verleihen dem Buch schon beim ersten Durchblättern einen gewissen Zauber.

„Krisen-Fest“ – die Schreibweise verweist auf eine Doppelbedeutung: Einerseits unterstützt die Autorin psychologisch wie permakulturell sachkundig dabei, krisenfest zu werden; dies aber nicht in einem statischen Sinn, sondern flexibel und widerstandfähig wie die Natur, in der jede Krise das Potential zu Entwicklung und Wachstum birgt.

Schritt für Schritt führt dieses Kompendium der Achtsamkeit aus der Permakultur-Perspektive die LeserInnen voran: vom sinnvollen Aufbau der eigenen Resilienzwurzeln über den Stamm des persönlichen Lebensbaums – die Analyse – bis hin zur zuverlässigen Ernte der Früchte: des eigenen Lebensertrags. Dabei gelingt Marit Marschall die Gratwanderung zwischen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und spirituellen Einsichten. Krisen-Fest ist kein Aufruf „Zurück auf die Bäume“, sondern vielmehr die Vision eines indigenen europäischen Lebens, bei dem Mitwelt und Mensch harmonisch klug miteinander verschmelzen. „Du lebst mehr im Einklang mit deinen Bedürfnissen und denen aller Lebewesen. Nicht mehr als Ausbeuter und ignoranter ‚Mensch‘, sondern als integrierter Bewohner des Planeten. So wie du es dir immer gewünscht hast.“

Im Kapitel „Die Wurzeln der Bedürfnisse“ zitiert die Autorin en berühmten Erfinder und Architekten R. Buckminster Fuller:

„Ich glaube, wir befinden uns in einer Art Abschlussprüfung, ob der Mensch mit dieser Fähigkeit zur Informationsbeschaffung und Kommunikation jetzt wirklich qualifiziert ist, die Verantwortung zu übernehmen, die uns übertragen werden soll. Und es geht hier nicht um eine Prüfung der Regierungsformen, es geht nicht um Politik, es geht nicht um Wirtschaftssysteme. Es hat etwas mit dem Individuum zu tun. Hat der Einzelne den Mut, sich wirklich auf die Wahrheit einzulassen?“

Krisen-Fest ist ein Mut-Buch in diesem Sinn, und ein Aufbruchsbuch für alle, die vielleicht noch einen letzten Impuls brauchen, um sich auf den Weg zu machen; ein Aufruf, die uns mögliche Souveränität anzunehmen und damit Verantwortung für unseren Lebensstil. Es ist aber auch eine detaillierte Aufmunterung voller gärtnerischer und permakultureller Details für alle, deren Weg sich manchmal beschwerlich anfühlt. „Handlungsfähig werden im individuellen wie im globalen Sinn“ – darum geht es hier. „Unsere innere Ausrichtung auf die konsequente Lebensqualität ist, was uns noch fehlt“, sagt Marit Marschall. „Mit diesem Buch kannst du dich darin schulen und ausbilden, deine Bedürfnisse als gesundes Ökosystem wieder zu spüren, deine Gedanken, dein Fühlen und Handeln an dem Maßstab der Prinzipien der Ökosystem zu prüfen und auszurichten. Du kannst damit deine ganze Qualität auf diesem schönen Planeten ohne Reue ausleben und verschenken.“

KRISEN-FEST – wie wir aus Lebenslust die Welt retten. Eine Ode an unsere natürliche Resilienz. Von Marit Marschall. Mit einem Interview mit Gerald Hüther.
310 S., 21,90 Euro, Europa Verlagsgruppe, ISBN 979-1-220-11656-5

 

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Kein Geringerer als Fritjof Capra meinte zu dem im Folgenden besprochenen Buch „Regenerative Kulturen gestalten“: „Dieses Buch ist ein wertvoller Beitrag zu der Diskussion über die Weltanschauung, die wir brauchen, um unsere gesamte Kultur so zu gestalten, dass sie sich regeneriert und nicht zerstört.“

Rezension von Bobby Langer

Womit Fritjof Capra die Aufgabenstellung, um die es geht, auf den Punkt gebracht hat: „unsere gesamte Kultur so zu gestalten, dass sie sich regeneriert und nicht zerstört.“ Die Betonung liegt auf „gesamte Kultur“. Kein Mensch, auch keine Organisation könnte diese Mammut-Aufgabe schaffen. Und doch muss sie sein, wenn wir nicht im größten anzunehmenden Unglück landen wollen, das dereinst die Menschheit ereilen wird.

Richtige Fragen statt richtiger Antworten

Daniel Christian Wahl (DCW) hat diese ungeheure Aufgabe mit seinem Buch in den Blick genommen. Nicht weil er wüsste, wie es geht, sondern weil er zumindest ganz gut weiß, wie es nicht geht: mit business as usual. So besteht seine Leistung letztlich aus einer gedanklichen Doppelarbeit: einerseits die ausgetretenen Pfade der Irrtümer und zuverlässigen Zerstörungen zu analysieren und andererseits Mittel und Methoden zu beschreiben, mit denen sich erstere vermeiden lassen. Die wichtigste Methode dabei lässt sich mit Rilkes berühmtem Satz zusammenfassen: „Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages in die Antworten hinein.“ Es geht also nicht darum, die richtigen Antworten zu geben, sondern die richtigen Fragen zu stellen. Erst wenn es uns gelingt, die Richtung zu ändern, mit der wir uns in die Zukunft bewegen, können sich brauchbare Erfolge einstellen. Was geschieht, wenn wir das nicht tun, beschreibt ein chinesisches Sprichwort: „Wenn wir unsere Richtung nicht ändern, werden wir wahrscheinlich genau dort landen, wo wir gerade hingehen.“

Aber lohnt es sich denn überhaupt, die Richtung zu ändern, um die kulturellen Errungenschaften der Menschheit zu erhalten? Immer wieder taucht diese Frage auf, die wohl die gesamte Transformationsbewegung weltweit umtreibt. DCW hat darauf eine klare Antwort:

„Wir wissen weder, dass eine andere Spezies Gedichte schreibt oder Musik komponiert, um das verbindende Gefühl, das wir Liebe nennen, widerzuspiegeln, noch wissen wir, wie sich das Vergehen der Jahreszeiten für einen Mammutbaum anfühlt oder wie ein Kaiserpinguin subjektiv die ersten Sonnenstrahlen nach dem antarktischen Winter erlebt. Aber gibt es nicht etwas Schützenswertes an einer Spezies, die sich solche Fragen stellen kann?“

Vier Einsichten für eine lebenswerte Zukunft

Wie ein roter Faden zieht sich eine Kern-Einsicht des Autors durch alle Kapitel: dass wir nämlich nicht wissen können, was auf uns zukommt. Nur wenn wir kokreativ mit dieser Unsicherheit umzugehen bereit sind und unser Verhalten immer wieder neu justieren, haben wir eine echte Chance. Eine zweite Einsicht gesellt sich zur ersten. Sie ist der Natur abgeschaut: Zu schaffen sei ein lebendiger, ein regenerativer Prozess, der bis ins Detail das Leben fördert. Denn Natur ist Leben, das Leben fördert. Und auch mit einem dritten Prinzip ist die Natur als Vorbild zu nehmen: dass sie nämlich ­– so groß sie ist und so universell ihre Gesetze sind – nicht in Monopolen funktioniert, sondern in kleinen, lokalen und regionalen Netzwerken, Netze in Netzen in Netzen. Was wir brauchen, schreibt DCW, ist ein „Feingefühl für den Maßstab, die Einzigartigkeit des Ortes und die lokale Kultur“. Und: „Wir müssen das traditionelle ortsbezogene Wissen und die Kultur wertschätzen, ohne in die Fallen eines wiederauflebenden radikalen Regionalismus und engstirnigen Pfarrei-Denkens zu tappen … Systemische Gesundheit als emergente Eigenschaft regenerativer Kulturen entsteht, wenn lokal und regional angepasste Gemeinschaften lernen, innerhalb der durch die ökologischen, sozialen und kulturellen Bedingungen ihrer lokalen Bioregion gesetzten ‚förderlichen Einschränkungen‘ und Möglichkeiten in einem global kooperativen Kontext zu gedeihen.“

Ein viertes Prinzip lässt sich von diesen drei nicht trennen: das Vorsorgeprinzip, das damit beginnt, für die jederzeit möglichen Änderungen der Umstände vorgesorgt zu haben. Unter Vorsorge versteht DCW aber auch unsere Haltung, mit der wir gestaltend mit der Welt umgehen. „Wir brauchen dringend einen hippokratischen Eid für Design, Technologie und Planung: Do no harm! Um diesen ethischen Imperativ in die Tat umzusetzen, brauchen wir eine salutogene (gesundheitsfördernde) Absicht hinter allem Design, aller Technologie und Planung: Wir müssen Design machen für Menschen, Ökosysteme und die Gesundheit des Planeten.“ Ein solches Design „erkennt die untrennbare Verbindung zwischen menschlicher, ökosystemischer und planetarischer Gesundheit an“. Um da hinzukommen, sei das Meta-Design, das „Narrativ der Trennung“, zu ändern hin zu einem „Narrativ des Interbeing“; Design sei der Ort, an dem sich Theorie und Praxis treffen.

Mit Bescheidenheit und Zukunftsbewusstsein handeln

Auf Basis dieser Überlegungen und Analysen entsteht im Laufe der rund 380 Seiten dann doch eine Art Werkzeugkasten für den Umbau der westlichen Industriekultur. Dazu hat DCW alle gedanklichen und praktischen Ansätze der letzten Jahrzehnte ausgewertet und in seine Überlegungen miteinbezogen. Es geschieht ja schon so viel weltweit auf allen Kontinenten. Nun gilt es, alle diese Bemühungen in einen gemeinsamen Prozess einmünden zu lassen, um „the great turning“, wie Joana Macy das nannte, ins Werk zu setzen.

Konsequenterweise hat DCW zu jedem Kapitel ein Fragenset erarbeitet, das dabei unterstützen soll, den statischen Ist-Zustand des jeweiligen Themas aufzugeben und in einen zukunftsfähigen Prozess zu überführen: die chemisch-pharmazeutische Industrie, die Architektur, die Stadt- und Regionalplanung, die industrielle Ökologie, die Gemeinschaftsplanung, die Landwirtschaft, das Unternehmens- und Produktdesign. Denn „systemisches Denken und systemische Interventionen sind mögliche Gegenmittel für die unbeabsichtigten und gefährlichen Nebenwirkungen der jahrhundertelangen Konzentration auf reduktionistische und quantitative Analysen, die von dem Narrativ der Trennung geprägt sind“. So lautet eine Kernfrage, um die so unabdingbare „transformative Resilienz“ zu erreichen: „Wie können wir angesichts der Unvorhersehbarkeit und Unkontrollierbarkeit komplexer dynamischer Systeme mit Bescheidenheit und Zukunftsbewusstsein handeln und vorausschauende und transformative Innovationen anwenden?“

Tatsächlich hat es etwas Entlastendes zu wissen, dass wir keine endgültigen Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit geben müssen bzw. gar nicht geben sollen. „Indem wir die Fragen gemeinsam leben“, schreibt DCW, „anstatt uns mit endgültigen Antworten und dauerhaften Lösungen zu beschäftigen, können wir den vergeblichen Versuch aufgeben, unseren Weg in die Zukunft zu kennen.“ So hat sein Buch letztlich mehrere Wirkungen auf den Leser: Es ist entlastend, inspirierend, informativ, Hoffnung machend und praxisorientiert zugleich – ziemlich viel für ein Buch.

Daniel Christian Wahl, Regenerative Kulturen gestalten, 384 S., 29,95 Euro, Phänomen Verlag, ISBN 978-84-125877-7-7

von Isabel Batista

(zu Teil 1)

Ein eigener Garten am Haus, eine gepachtete Parzelle oder eine klassische Laube, vielleicht auch „nur“ ein Balkon oder ein Hochbeet in einem Gemeinschaftsgarten: Viele Menschen haben das Gärtnern für sich entdeckt.

Es macht Spaß, das eigene angebaute Gemüse und Obst zu ernten und in der Küche zu verarbeiten oder gleich vom Strauch zu naschen. Es bringt uns in Bewegung, senkt unseren Stresspegel und macht uns den Wert von Nahrung wieder bewusst.

Wie es bisher läuft

Weil vom kleinen Setzling bis hin zur Ernte viel Zeit und Mühe vergeht, greifen auch in Privatgärten immer noch viele Menschen zu Pestiziden oder helfen mit künstlichem Dünger nach, um das Wachstum ihrer Nutzpflanzen zu beschleunigen oder die Ernte vor Schädlingen zu schützen.

Wir dürfen hier den Wunsch nach maximaler Kontrolle und Ordnungssinn gerne hinterfragen. Wo bleibt die echte Natur, wenn sie in strikte Abschnitte gedrängt wird, jeder Laubhaufen verschwinden muss und sogar essbare Wildkräuter mit Chemie ausgemerzt werden?

In solch einem Garten finden Nützlinge keinen Anreiz zur Futtersuche oder Aufzucht ihrer Jungen. Eine Abwärtsspirale setzt ein: Schädlinge fallen über die Früchte unserer Arbeit her, und so setzen wir wieder die Chemiekeule ein.

Wir haben ein instabiles System geschaffen, in das wir immer wieder eingreifen müssen.

Es geht auch anders

Ein naturbelassener Garten bedeutet nicht, sich durch wucherndes Gestrüpp zu kämpfen oder jedem Schädling das Feld zu überlassen. Ein naturbelassener Garten bedeutet, dass man den Geschöpfen im und auf dem Boden, in der Luft und in den Zweigen der Bäume einen eigenen Spielplatz einrichtet.

Eine kleine Inspiration aus meinem Roman „Die Systemwandler“:

Im Garten waren die Schmetterlinge und Bienen zurückgekehrt und es summte überall. Die Farbenpracht war ein Genuss. Mit der Wildnisecke, die in jeden ausgewogenen Permakulturgarten gehörte, wollte Kerstin weitere Lebewesen anlocken.

Anja setzte sich nach einer kurzen Pause wieder zu ihr ins Gras und half ihr beim Schichten der Steine. „Wozu machen wir das?“, fragte sie interessiert.

Kerstin antwortete bereitwillig: „Der Steinhaufen ist für verschiedene Wildtiere als Zuflucht gedacht. Insekten, Spinnen, aber am meisten hoffe ich auf den Besuch von Eidechsen.“

„Die habe ich schon lange nicht mehr in freier Wildbahn gesehen“, sagte Anja bedrückt.

[…]

Während sie Stein auf Stein legten und so Stück für Stück ein Refugium für die weniger beachteten Lebewesen aufbauten, malte sich Kerstin im Geiste aus, wie die kleine Landschaft hier im hinteren Abschnitt ihres Gartens bald aussehen würde. „Die Steinburg der Kriech- und Krabbeltiere ist erst der Anfang“, ließ sie Anja an ihrer Vorstellungswelt teilhaben. „Geplant ist noch ein kleiner Tümpel für Frösche und Kröten, eine Ansitzstange für Greifvögel bei den Hochbeeten und ein Nistkasten für Eulen im Geäst des großen Pflaumenbaums.“

[…]

Neben dem Artenschutz hatten auch die Gärtner etwas von den Nützlingen, die durch das Futter- und Versteckangebot angelockt wurden. Sie lieferten einen Beitrag zum Schutz von Gemüse und Kräutern, indem sie die Schädlinge in Schach hielten. Zudem sollten sich einige von ihnen auch als Bestäuber nützlich machen.

“Die Systemwandler” von Isabel Batista

Ein Garten wie dieser fördert das natürliche Gleichgewicht und wird für jeden Menschen zum Abenteuer und Genuss. Unser Wohlbefinden steigt, denn jetzt können wir der echten, ein wenig wilden Natur nahe sein, sie beobachten, erleben und schätzen lernen. Vielleicht entdecken wir darin sogar unsere eigene wilde Natur.

Was Du als Systemwandler tun kannst:

  • Richte einen Garten oder Balkon ein, der ALLEN Geschöpfen einen Lebensraum bietet, oder inspiriere einen Gartenbesitzer dazu.
  • Vermeide chemische Mittel und greife für die Schädlingsbekämpfung stattdessen auf natürliche Mittel zurück (z.B. Brennesseljauche gegen Blattläuse oder die Ansiedlung von Nützlingen).
  • Vermeide Kunstdünger und belebe den Boden durch hilfreiche Pflanzen wie Klee oder mit Mulchmaterial.
  • Kaufe Pflanzensetzlinge, die ohne Pestizide herangezogen wurden (insbesondere bei bienenfreundlichen Pflanzen wie z.B. dem Lavendel).
  • Best Tipp: Mache Dich mit Permakultur vertraut (z.B. beim Permakultur-Institut) und gestalte Deinen Garten nach den Prinzipien dieser erstaunlichen Anbautechnik.

Auf diese Weise wirst Du Stück für Stück ein System erschaffen, in dem Du selbst glücklich bist, weil die Natur um Dich herum aufblüht und wirklich lebendig ist.

Wenn Du Interesse an weiteren Impulsen für einen naturbelassenen Garten, nachhaltige Lebensweisen und gute Neuigkeiten aus der Welt des sozial-ökologischen Wandels hast, dann melde Dich zu meinem Newsletter auf „Die Systemwandler“ an. Monatlich wirst Du mit dem Wissen versorgt, das ein Systemwandler zum Wandeln braucht.

Externe Links:

https://www.systemwandler.de
https://www.permakultur.de/home

Beitragsbild: Allmende Kontor auf dem Tempelhofer Feld in Berlin, ©Isabel Batista 2019

von Peter Zettel

Falsche Frage! Ich gestehe, ich habe das Buch nicht gelesen, nur das Abstract darüber. Vielleicht ist der Titel ja auch nur der Köder, damit es gekauft wird. Aber darum geht es mir nicht, sondern um eine grundsätzliche Frage. Im Abstract ist unter anderem das zu lesen:

„Immer wieder bekräftigen die Vereinten Nationen und Regierungen, die Biodiversität schützen zu wollen. Doch die politischen Ziele werden immer wieder verfehlt. Kann der Schutz der Biodiversität juristisch erzwungen werden? Dazu wurde schon vor Jahrzehnten die Idee eines Klagerechtes für Tiere und Ökosysteme entwickelt.“ Weiterlesen

von Peter Zettel

In einem Beitrag von Hans-Peter Dürr über „Bewusstsein und Verantwortung – Wir erleben mehr als wir begreifen“ schreibt er auf der ersten Folie, sozusagen als Einleitung: „Die revolutionären Erkenntnisse der Physik zu Beginn des 20. Jahrhundert führen zu einem neuen Welt- und Menschenbild. Moderne Physik ermöglicht den Brückenschlag zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und zu den Religionen.“

Ich habe den Beitrag nicht weitergelesen, weil ich an der Begriffsverbindung „ein neues Welt- und Menschenbild“ hängen blieb. Die weiteren Gedanken, mit denen ich mich an anderer Stelle schon oft beschäftigt habe, ließ ich einmal weg, denn die lenken schnell von dem Eigentlichen ab, ich verliere mich dann in technischen Überlegungen.

Zu Dürrs Prägung passt auch die Bemerkung von Anton Zeilinger, dass wir mittlerweile zwar sehr viel über die Welt der Quanten wissen, wir jedoch immer noch kein philosophisches Verständnis (meine Worte!) dafür haben. Was würden wir anders tun, würden wir die Erkenntnisse der modernen Physik wirklich ernst nehmen und unser Welt- und Menschenbild entsprechend ändern und nicht nur anpassen?

Würden wir dann eine Möglichkeit erkennen, wie wir ganz anders mit Konflikten umgehen können? Ich glaube definitiv ja. Mich erinnert das an Ueshiba Morihei und „sein“ Aikidō, das er zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte. Er erkannte, dass die Kunst der Samurai sinnlos und grausig war, jedoch akzeptierte er auch, dass es Menschen gibt, die andere angreifen. Aikidō ist die Antwort darauf, wie eine Verteidigung gegen Angreifer möglich ist, ohne sie besiegen zu wollen.

Die Samurai kämpften noch Mann gegen Mann, heute sind dem Aikidō entsprechende Möglichkeiten auf der wirtschaftlichen und politischen Ebene notwendig. Doch das setzt voraus, dass unser Welt- und vor allem unser Menschenbild stimmig ist. Ist es das nicht, können unsere Maßnahmen nicht funktionieren, solange die ihren Ursprung im falschen Denken haben.

Diese Welt ist dabei, sich selbst zu vernichten, und nur die Erschaffung einer anderen Welt kann diesen Kurs umkehren. Glücklicherweise ist eine andere Welt immer noch möglich, auch wenn die Chancen, sie zu erreichen, mit bedrohlicher Geschwindigkeit abnehmen.

Diese Welt befindet sich schon seit langem auf einem langsamen Kurs in Richtung Selbstvernichtung, aber es gab Wendepunkte, an denen der Kurs der Zerstörung beschleunigt wurde. Einer davon ist ein Tag, der sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt hat, und auch in das anderer Menschen meiner Generation: der 6. August 1945. An diesem Tag befand ich mich zufällig als Betreuer in einem Sommerlager. Am Morgen verkündete der Lautsprecher, dass die Vereinigten Staaten Hiroshima mit einer Atombombe zerstört hatten. Es wurde gejubelt und alle gingen fröhlich zu ihrer nächsten Aktivität, Schwimmen, Baseball, was auch immer. Etwas später konnte ich einige Zeitungen lesen und stellte fest, dass die allgemeine Reaktion ähnlich war: Man jubelte, dass der Krieg vorbei war, und machte dann weiter wie bisher.

Das war eine doppelte Lektion. Die erste Lektion war, dass die menschliche Intelligenz in all ihrer Herrlichkeit Mittel zur Selbstvernichtung entwickelt hatte; die zweite, dass die menschliche Intelligenz nicht die moralische Fähigkeit entwickelt hatte, zu begreifen, was sie tut, und ihren Todeswunsch zu kontrollieren. Um genau zu sein, geht es nicht nur um die Vernichtung unserer eigenen Spezies, sondern auch darum, einen Großteil des Lebens mit uns zu vernichten. Die menschliche Intelligenz hatte diese Stufe noch nicht ganz erreicht, aber es war offensichtlich, dass sie es bald tun würde, und das tat sie auch. Als die Vereinigten Staaten und dann die Sowjetunion 1953 thermonukleare Waffen zündeten [Wasserstoffbomben], die alles zerstören konnten, war das eine große Leistung.

Lassen wir diese Einschränkungen beiseite und kehren wir zur wesentlichen Lektion zurück: Die technische und wissenschaftliche Intelligenz des Menschen übertraf die menschliche moralische Intelligenz bei weitem. Die Fähigkeit zu zerstören ist nicht mit der Fähigkeit gleichzusetzen zu verstehen, was wir tun, und den Kurs zu ändern. Diejenigen, die eine große Ähnlichkeit zu heute sehen, irren sich nicht. Es gab einige, die verstanden, was wir taten, und die die Notwendigkeit eines Kurswechsels erkannten. Dazu gehörten die Wissenschaftler, die das Bulletin der Atomwissenschaftler schufen und die berühmte Weltuntergangsuhr. Der Zeiger zeigte eine bestimmte Entfernung zu Mitternacht an – Mitternacht bedeutet das Ende des menschlichen Experiments auf der Erde – die Uhr ist eine Art Maß für die Kluft zwischen technischer und moralischer Intelligenz.

Die Uhr wurde zum ersten Mal 1947 gestellt. Im Jahr 1953 mit der Explosion von Wasserstoffbomben auf sieben Minuten vor Mitternacht. Seitdem wurde der Minutenzeiger auf zwei Minuten vor Mitternacht vorverlegt. Er schwankte aufgrund von Analysen der Weltlage. Er erreichte erst wieder zwei Minuten im letzten Jahr der Amtszeit von Donald Trump. Die Analysten gaben die Minutenmessung auf und gingen zu den Sekunden über. 100 Sekunden vor Mitternacht, da steht die Uhr jetzt. Im nächsten Januar wird sie neu gestellt, und es würde mich nicht wundern, wenn sie sich dem Ende nähert.

1945 wusste man noch nicht, dass ein weiterer Wendepunkt bevorsteht, die Vergiftung der Atmosphäre und eine neue geologische Epoche, die Geologen als Anthropozän bezeichnen, eine Epoche, in der menschliche Aktivitäten das globale Klima radikal beeinflussen, und zwar nicht zu seinem Vorteil. Nun, ich füge eine weitere persönliche Einstellung hinzu. Wie ernst die Sache ist, erfuhr ich vor 50 Jahren, als ich in einer einzigen Woche Anrufe von zwei Freunden erhielt. Der eine war der Lehrstuhlinhaber für Geowissenschaften in Harvard,

der andere war der Leiter der Meteorologie am MIT. Beide informierten mich über neue Beweise, dass es soeben den Anschein hatte, dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre stark ansteigt und wir auf eine Katastrophe zusteuern. Nun, wie wir alle wissen, war diese Schreckensnachricht auch den Führungskräften der Unternehmen für fossile Brennstoffe gut bekannt. Ihre Wissenschaftler waren in der Tat federführend bei der Erforschung dieser Dinge und der Aufdeckung der düsteren Folgen. Die Reaktion der Führungskräfte bestand darin, die Zerstörung zu beschleunigen und jede Gefahr auszuschalten, dass die Bevölkerung ihr düsteres Schicksal verstehen könnte.

Einige dieser Schritte zur Vernichtung sind nicht so bekannt, wie sie sein sollten. Sie sind lehrreich. Ein wichtiger Fall ist das, was mit der republikanischen Partei geschah, die bald die Macht in den Vereinigten Staaten übernehmen wird, so scheint es, vielleicht praktisch für immer, da sie ganz offen versucht, die amerikanische Demokratie zu untergraben. Die Partei ist zu 100 Prozent der Verweigerer einer Sache von außerordentlicher Bedeutung. Das war nicht immer der Fall, und der Übergang sagt uns etwas über die Institutionen, die die Menschen aufgebaut haben, und über die Herausforderungen, die sie für das Überleben darstellen.

Erinnern wir uns an das Wahljahr 2008: Der republikanische Präsidentschaftskandidat war John McCain. Er hatte eine Klimaflanke in seinem Programm, nicht sehr viel, aber immerhin. Auch die republikanischen Gesetzgeber begannen, ähnliche Bemühungen in Betracht zu ziehen. Als das riesige Energiekonglomerat der Gebrüder Koch davon Wind bekam, wurden sie sofort aktiv. Seit Jahren hatten sie hart daran gearbeitet, dass die Republikaner die freie Nutzung fossiler Brennstoffe voll und ganz unterstützten, und sie würden diese Abweichung von der Unterordnung unter ihre Interessen nicht dulden. Sie starteten einen riesigen Moloch zur Bestechung des Kongresses, drohten mit massiver Lobbyarbeit und täuschten Bürgerinitiativen vor. Kein Stein, der nicht umgedreht wurde. In kürzester Zeit kapitulierten alle republikanischen Spitzenkandidaten bei den letzten republikanischen Vorwahlen im Jahr 2016. Jeder Kandidat hat entweder geleugnet, dass es eine globale Erwärmung gibt, oder gesagt, dass sie vielleicht stattfindet, wir aber nichts dagegen unternehmen werden. Der Sieger Donald Trump setzte alles daran, die Nutzung fossiler Brennstoffe zu maximieren, einschließlich der zerstörerischsten von ihnen, und Vorschriften abzubauen, die die Umwelt schützen könnten. Natürlich hat er sich auch aus den internationalen Bemühungen zur Bewältigung der Krise zurückgezogen.

Donald Trump gehört die Partei, die sehr wahrscheinlich wieder die totale Kontrolle über die Regierung erlangen wird. Dies ist nicht Andorra, dies ist die Regierung des mächtigsten Landes der Menschheitsgeschichte, und das ist kein Witz für unsere traurige Welt. Nun, eine Auswirkung des Verrats der Führung ist, dass unter den Republikanern und denen, die den Republikanern zuneigen, nur 20 Prozent der globalen Erwärmung oberste Priorität einräumen. Es ist nur das kritischste Problem, mit dem die Menschheit je konfrontiert war, zusammen mit dem Atomkrieg, also warum sollte man sich darum kümmern. Das sagen uns unsere Politiker und ihre Medien-Echokammer, und tatsächlich ist die globale Erwärmung in den letzten Jahren zusammen mit einem dritten Faktor in die Einstellung der Weltuntergangsuhr eingeflossen, nämlich der Verschlechterung des Bereichs des rationalen Diskurses, der die einzige Hoffnung bietet, der Katastrophe zu entkommen.

Das Beispiel der Unternehmen für fossile Brennstoffe mag irreführend sein. Sie folgen einfach den normalen kapitalistischen Prinzipien, Prinzipien, die Adam Smith vor 250 Jahren beschrieben hat. Er wies darauf hin, dass die Herren der Menschheit – er meinte die Kaufleute und Fabrikanten Englands England -, die Herren der Menschheit, schon immer der abscheulichen Maxime folgten: alles für sich selbst und nichts für andere. Die Herren verfolgen diese Maxime nicht, weil sie besonders böse sind. Es ist ein institutioneller Imperativ: Diejenigen, die die Maxime nicht befolgen, werden verdrängt durch diejenigen, die sie befolgen. Das ist das Wesen des unregulierten Marktes, der ein Todesurteil für die menschliche Spezies und auch für die Kollateralschäden unter dem übrigen Leben auf der Erde ist. Unkontrollierte Märkte sind auch aus anderen Gründen ein Todesurteil, auf das bereits vor über einem Jahrhundert der große politische Ökonome Thurstein Viblin hinwies; nämlich, dass Erfolg auf dem Markt die Erzeugung von Bedürfnissen voraussetzt, die den Konsum ankurbeln, der den Planeten und in der Tat auch ein menschenwürdiges Leben vernichtet. Es gibt also bessere Möglichkeiten, seine Zeit zu verbringen, als sich in einem endlosen Stau zu ärgern. Und riesige Industrien sind damit beschäftigt, uns zu einem solchen Lebensstil zu bewegen. Nicht einer besseren Welt, die möglich wäre, mit Institutionen, die sich den menschlichen Bedürfnissen widmen, anstatt dem privaten Profit und der Zerstörung der Umwelt, die das Leben erhält.

Wir haben es hier also mit der menschlichen Intelligenz zu tun. Sie hat sich wirksame Mittel zur Selbstvernichtung ausgedacht und spielt ständig mit deren Einsatz. Im Moment hat sie auch soziale Institutionen entwickelt, die ein Todesurteil sind, und es ist ihr bisher nicht gelungen, die gähnende Lücke zwischen der Fähigkeit zur Zerstörung und der Fähigkeit zur Schaffung dieser anderen Welt, die möglich ist, zu schließen. Und hier kommt das Weltsozialforum ins Spiel. Seine Aufgabe ist es, diese Lücke zu schließen, denn wir wissen, was getan werden muss. Wir wissen, wie wir die Welt zumindest von Atomwaffen befreien können, das Rüstungskontrollregime, das die republikanische Partei seit 20 Jahren demontiert hat, wieder aufzubauen und dieses Regime zur Beseitigung dieser Geißel voranzutreiben.

Wir wissen, wie man das macht. Es gibt auch detaillierte, durchaus machbare Vorschläge, wie man die Klimakrise überwinden und zu einem viel besseren Leben übergehen kann. Es gibt sogar eine Resolution im US-Kongress, die von Alexandria Ocasio-Cortez gesponsert wurde, einer jungen Abgeordneten, die auf der Bernie-Sanders-Welle ins Amt gehievt wurde, zusammen mit Ed Markey, einem erfahrenen Senator, der sich seit langem um die Umweltzerstörung sorgt. Die Entschließung ist lesenswert. Sie beschreibt in allen Einzelheiten einen vernünftigen und realisierbaren Ansatz zur Beendigung der Krise und zur Eröffnung des Weges zu einer viel lebenswerteren Welt. Es ist nicht das einzige derartige Programm, das Sie bei der Internationalen Energieagentur lesen können, die sich auf die Energiekonzerne stützt, denn mehrere Wirtschaftswissenschaftler, darunter mein Kollege Robert Holland, haben detaillierte Vorschläge ausgearbeitet, die alle ziemlich ähnlich sind. Sie können jetzt schon im Kongress umgesetzt werden. Es ist nur eine Resolution, aber mit genügend intensiven Bemühungen der Bevölkerung könnten sie zu Gesetzen werden und in Kraft treten. Dasselbe gilt auch für andere Länder. Das Fenster der Gelegenheit ist kurz und schließt sich, aber es ist noch da. Die Umwandlung tödlicher gesellschaftlicher Institutionen ist eine größere Herausforderung, aber auch eine, die mit engagierten Bemühungen bewältigt werden kann. Wir wissen also, wie es geht, aber ist es auch zu schaffen? Die Antwort liegt in Ihren Händen und in den Händen von Menschen wie Ihnen.

Wir könnten diese Frage in einen breiteren Kontext stellen. Ich nehme an, dass Sie alle mit dem berühmten Paradoxon der Physiker Aaron und Enrico Fermi vertraut sind, hervorragende Astrophysiker, die wussten, dass es in Reichweite der Erde eine riesige Anzahl von Planeten gibt, die die Bedingungen für Leben und höhere Intelligenz aufweisen, aber trotz eifrigster Suche können wir keine Spur von ihrer Existenz finden. Wo sind sie also? Nun, eine Antwort, die ernsthaft vorgeschlagen wurde und nicht von der Hand zu weisen ist, lautet, dass sich eine höhere Intelligenz tatsächlich unzählige Male entwickelt hat, aber sie hat sich als tödlich erwiesen. Sie hat die Mittel zur Selbstvernichtung entdeckt, aber nicht die moralische Fähigkeit entwickelt, sie zu verhindern. Das ist eine Möglichkeit, die man im Moment sicher nicht gut ignorieren kann. Vielleicht ist es sogar eine inhärente Eigenschaft dessen, was wir höhere Intelligenz nennen. Wir führen jetzt ein Experiment durch, um herauszufinden, ob dieses düstere Prinzip auf den modernen Menschen, also uns, zutrifft. Wir sind vor zwei- oder dreihunderttausend Jahren auf der Erde angekommen. Das ist ein Wimpernschlag in der evolutionären Zeit. Es bleibt nicht viel Zeit, um die Antwort zu finden, genauer gesagt, um die Antwort zu bestimmen. Das werden wir so oder so tun, eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Die Herausforderung ist einzigartig in der Geschichte der Menschheit. Sie wird sich jetzt stellen, denn wir sind nicht dazu verdammt, alle auf einmal zu sterben, sondern zu einer Welt, in der diejenigen, die sterben, die Glücklichen sein werden. Die Lösungen warten auf uns, warten darauf, dass wir die Lücke zwischen unserer Fähigkeit zu zerstören und unserem Willen, eine bessere Welt zu schaffen, die möglich ist, schließen. Das ist die Herausforderung. Wir können ihr nicht ausweichen.

(https://www.youtube.com/watch?v=UYDkmZAbTx0)

Wer ist Noam Chomsky? →  https://de.wikipedia.org/wiki/Noam_Chomsky

 

Warum wir Natur und Gesellschaft neu denken müssen

Rezension von Bobby Langer

Worum geht es eigentlich? Ich spreche weder von Corona, noch vom Ukrainekrieg, noch von der Klimakrise. Ja, kann man von etwas anderem sprechen? Gibt es etwas Wichtigeres? Ja, nämlich die Ursache für Corona, für den Krieg und die Klimakrise. Wenn es so eine Ursache gäbe, wäre sie es nicht wert, beseitigt zu werden? Prio eins sozusagen? Genau darum geht es in Fabian Scheidlers Buch „Der Stoff, aus dem wir sind“.

Es geht buchstäblich um das „alles oder nichts“. Es geht um „die Ursprünge jener Illusion der Trennung, die tief in der westlichen Zivilisation verankert ist“, es geht um „Auswege aus der gegenwärtigen zivilisatorischen Sackgasse“. Und weil Scheidler durch und durch Journalist ist, kann man dieses Buch auch lesen, ohne Sekundärliteratur zu studieren oder nach fünf Seiten einzuschlafen. Das liest sich dann zum Beispiel so: „Wenn ich einen Apfel esse, dann verwandelt mein Stoffwechsel ihn nicht nur in neues Leber- und Hautgewebe, sondern auch in Gedanken, Träume und Empfindungen. Der Apfel verbrennt zu Geist, zu Gefühl. Was ist das für eine seltsame Substanz, die zugleich Stoff und Nichtstoff, Innen- und Außenwelt, tot und lebendig ist?“ Weiterlesen

50 Tipps, wie Sie einsteigen, mitmachen und helfen können

Eine Rezension von Bobby Langer

Wer sich auch nur ein bisschen mit der Klimakrise auseinandersetzt, kann angesichts der monumentalen Probleme leicht den Mut verlieren. Also schnell den Teppich anheben und das Problem drunterschieben? Mit Gerd Pfitzenmaiers Mut machendem Handbuch kann jeder ohne Umschweife zum Aktivisten werden. Man spürt, dass sich der Autor seit Jahrzehnten damit befasst, komplexe Mitweltthemen für ein breites Publikum verständlich aufzubereiten.

Mut machend ist das Buch auf zweierlei Weise: Weiterlesen

„Ja, ja, unsere Nation hat gemordet, präzise, industriell und systematisch. Stimmt schon. Aber wir haben damit nichts mehr zu tun. Es waren doch unsere Väter und Großväter, nicht wir.“ Dieser grollend vorgebrachte Entschuldungsversuch wird mir immer wieder gegen die Ohren geschlagen, als gäbe es das nationale Trauma nicht, durch das die Unempfindlichen wie grobe Riesen waten durch Schlamm. Als ob es die Überlebenden nicht gäbe und deren Kinder und Kindeskinder, denen wir in die Augen schauen müssen, und sei es auch nur innerlich.

Freilich, einen schrecklichen Vorteil haben unsere Mordtaten: Sie sind vorbei und vergangen. Wie aber gehen wir mit den mörderischen Folgen unseres imperialen Lebensstils um? Mit den verbrannten und brennenden Wäldern, mit den Müttern, aus deren Brüsten keine Milch mehr rinnt, weil wir ihnen, unserer Adipositas zuliebe, nicht die Butter vom Brot, sondern das Brot von der Erde nehmen? Mit den hungernden Fischern, denen wir die Fische wegfangen für die Fülle unserer Supermärkte, mit den Verhungernden, auf deren Böden wir Nelken anbauen und Rosen zur Zierde unserer grauen Winter.

Sie bleiben grau und werden grauer, denn diese achtlosen Mordtaten vergehen nicht, sondern wachsen als Schuldberg von Tag zu Tag. Und wie gehen wir damit um? Wir schnippen ihn weg und werden Vegetarier. Besser als nichts, aber leider auch nicht mehr.