Die 12 Gestaltungsprinzipien der Permakultur


Die Einstellung ist weit verbreitet, Permakultur sei eine Form der biologischen Landwirtschaft. Doch der Begriff umfasst weitaus mehr. Permakultur ist eine Grundeinstellung, eine kooperative Haltung zu Natur und Umwelt, ein interaktives Miteinander von Individuen und Lebewesen jeglicher Form.

Permakultur ist ein aufmerksames Lernen von der Natur und ihren komplexen Wechselwirkungen und Verbindungen. Dies geschieht durch das bewusste und tiefgründige Beobachten und Wahrnehmen mit allen Sinnen. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten, Spüren. Daraus entsteht Erfahrung und Erkenntnis. Diese Herangehensweise an die Welt und das Sein bildet das Fundament allen permakulturellen Handelns. Auf ihm und aus ihm heraus entwickelt der Verstand gesellschaftliche Infrastrukturen, Pläne, Projekte und Ziele, aber auch soziale Gefüge. Dieser Prozess vom Impuls zur Umsetzung und Weiterentwicklung wird als Permakultur-Design bezeichnet, das sich stets am Vorbild der Natur orientiert, denn die vielfältigen, über Jahrmillionen verfeinerten Ökosysteme sind optimierte Effizienz und Nachhaltigkeit.

Permakulturelle Grundsätze lassen sich auf alle Lebensbereiche übertragen, in denen es gilt, Bedürfnisse des Menschen mit möglichst geringem Arbeitsaufwand zu befriedigen. Das Erfahrungswissen unterschiedlicher Kulturen wird bei der Umsetzung mit neueren Methoden und Techniken kombiniert, sodass Lebensräume gestaltet werden, die menschliche Grundbedürfnisse erfüllen und trotzdem ökologisch unbedenklich sind. Permakultur ist die Erträumung, Planung, Gestaltung, Entwicklung und Bewirtschaftung integrierter, sich selbst entwickelnder und selbsterhaltender Systeme.

Der Begriff Permakultur (aus „permanent“ und „agriculture“: dauerhafte, nachhaltige Landwirtschaft) wurde von den Australiern Bill Mollison und David Holmgren geprägt. 1978 veröffentlichte Mollison dieses Konzept unter dem Titel „Permaculture“.


1. Beobachte und interagiere

Das oberste Gestaltungsprinzip setzt die Naturbeobachtung und Untersuchung der Gegebenheiten vor die Umsetzung von Plänen.

Bevor wir mit einem Projekt beginnen, heißt es, aufmerksam zu beobachten und seine Sinne einzusetzen. Beobachten, ohne zu interpretieren oder zu deuten. Hinschauen, zuhören, fühlen, riechen oder schmecken, um die spezifischen Bedingungen, Muster, Details und Eigenheiten zu erkennen, denen wir an einem Ort oder in einer Situation begegnen. Dabei nehmen wir möglichst viele Blickwinkel ein, um die Komplexität der Zusammenhänge wahrzunehmen und anschließend angemessene Entscheidungen für unser kreatives Handeln und Eingreifen treffen zu können.

An jedem Ort und in jeder Situation gilt es, neu zu beobachten und wahrzunehmen. Was an einer Stelle funktioniert, ist nicht automatisch auf jede andere Situation übertragbar. Ideen müssen an die eigenen Gegebenheiten angepasst werden. Wir machen uns stets bewusst, dass wir nicht alles verstehen können. Deshalb nehmen wir uns immer wieder die Zeit, innezuhalten und zu beobachten.

David Holmgren: »Solange wir nicht hinausgehen, unsere Augen öffnen und unsere Hände und unser Herz benutzen, werden alle Ideen der Welt uns nicht retten.«

2. Sammle & speichere Energie

Ressourcen sammeln, wenn sie vorhanden sind.

Alles um uns herum ist Energie. Stoffe und Körper sind manifestierte, gespeicherte Energie. Die Nutzbarkeit dieser Energie ist für uns Menschen begrenzt, weshalb wir Ressourcen sammeln, wenn sie reichlich vorhanden sind. Die natürlichen Ressourcen, die uns umgeben, und auch Wissen, Informationen, Fähigkeiten, Traditionen etc. sind unser wahres Kapital. Sich regenerierende Energiequellen leisten einen wichtigen Beitrag zur persönlichen und regionalen Selbstversorgung. Was für ein Lebewesen ein Energiespeicher ist, stellt für ein anderes eine Energiequelle dar.

Das Prinzip erinnert uns daran, dass wir im Leben Übereifer und enthusiastischen Aktionismus vermeiden und uns immer wieder Zeit und Ruhe nehmen sollten, uns zu sammeln und Kraft zu tanken.

3. Erziele Ernte und Erträge!

»Stelle sicher, dass deine Arbeit wirklich nützliche Erträge hervorbringt«

Jeden Tag verbringen wir viel Zeit damit, etwas zu sammeln und zu ernten. Wir bedienen uns an dem, was die Natur an Ressourcen bereithält und die wir in irgendeiner Weise für unser tägliches Leben brauchen. Wir ernten nicht nur Nahrungsmittel und Trinkwasser, sondern auch Rohstoffe, die wir benötigen, um bestimmte Dinge herzustellen. Pflanzenfasern, Holz, Metalle. Die Ernte ist also eine wesentliche Grundlage unserer Versorgung mit lebensnotwendigen Ressourcen. Ernte ist Belohnung für aktiven Einsatz.

Eine permakulturelle Vorgehensweise sorgt für Fülle und Reichtum. Sie zielt auf Nachhaltigkeit, um langfristig Ernten zu garantieren. Nicht der kurzfristige Gewinn, sondern ein sich erhaltendes System ist das Ziel. Deswegen tun wir im Permakultur-Design alles, um den Lebensraum zu stärken und mit Vielfalt anzureichern. Wir sind nicht nur Konsument und Verbraucher, sondern werden zu verantwortungsvollen „Gärtnern“ und fantasievollen Gestaltern, die das Ganze im Blick behalten. Gerade in der Landwirtschaft und im Gartenbau handeln wir, um Erträge zu erzielen. Jeder Eingriff in einen Lebensraum, Veränderungen, die wir vornehmen, sollten von kollektivem Nutzen sein, also die Bedürfnisse aller Lebewesen berücksichtigen, die einen Lebensraum bewohnen und beseelen.

4. Nutze Selbstregulierung und akzeptiere Feedback

In der Gesamtheit der natürlichen Systeme sorgen Regulationsmechanismen dafür, dass unangemessenes Verhalten einzel­ner Elemente nicht das ganze System gefährdet. Diese Kräfte existieren auch in vom Menschen geschaffenen Systemen.

Bei allem, was wir tun, gehen wir nachhaltig vor. Unser Handeln soll sich selbst erhaltende Systeme erschaffen, die sich stets selbst regulieren, also aus sich heraus auf Veränderungen der Bedingungen reagieren und sich angemessen anpassen können. Für Holmgren ist dies der »Heilige Gral« der Permakultur. Wir gestalten Lebensräume so, dass unser Eingreifen keinen Schaden zufügt, sondern eine Fülle an Erträgen für uns und andere gedeihen lässt. Wir beobachten, was Vielfalt und biodiversen Reichtum begünstigt, und vermeiden es, Lebensräume durch unser Eingreifen überzustrapazieren. Bei der nordamerikanischen indigenen Nation der Irokesen dachte man bei wichtigen Entscheidungen an deren Auswirkungen bis in die siebte Generation und vermied alles, was nachfolgende Generationen in eine Krise stürzen könnte. Deshalb sollten wir stets genau zuhören, wenn jemand Einwände einbringt. Sie helfen letztlich, das Design zu optimieren und zu verfeinern.

5. Nutze erneuerbare Ressourcen und Leistungen

Die Geschenke der Natur klug einsetzen.

Erneuerbare Ressourcen und Leistungen, die wir von Pflanzen, Tieren, Boden und Wasser erhalten, wollen wir in angemessener Weise nutzen. Wir verbrauchen nur das und so viel, wie sich in absehbaren Zeiträumen durch natürliche Prozesse regeneriert. Der Ertrag, die Ernte oder das Produkt soll mindestens so lange halten wie die Natur braucht, um die Ressource, die ich dafür eingesetzt habe, zu erneuern. Ein sensibler Umgang mit Ressourcen erfordert ein Nachdenken darüber, was die beste, hochwertigste Nutzung ist. Wir hinterfragen aber genauso, ob wir Dinge wirklich langfristig brauchen.

Ressourcen und Leistungen bezieht sich genauso auf das Potential an menschlichen Fähigkeiten, das innerhalb von Gruppen und Teams vorhanden ist. Wir vermeiden es, Hilfsbereitschaft überzustrapazieren. Jemand, der sich verausgabt, ist keine langfristige Ressource. Deswegen lassen wir jedem Raum, sich regenerieren zu können, seine Schöpferkraft und Hingabe zu erneuern. Wir sorgen dafür, dass Mitwirkenden ein gesunder, sozialer Nährboden gegeben wird, der es ihnen ermöglicht, sich bestmöglich langfristig und nachhaltig schöpferisch zu verwirklichen.

Wir achten auf Wertschätzung und Anerkennung für jede Kooperation und Bereicherung. Im Nehmen und Geben wollen wir Ausgewogenheit erlangen, damit sich niemand ausgenutzt oder gar ausgegrenzt fühlt.

6. Produziere keinen Abfall!

Stelle nur Dinge her, die nicht zum Entsorgungsproblem werden.

»Jeder Abfall ist eine ungenutzte Ressource«, formulierte Bill Mollison. Deshalb sei bei jeder Herstellung eines Produkts über seine Sinnhaftigkeit nachgedacht. Wir stellen uns vor Beginn jeder Aktion Fragen, die Abfall zu vermeiden helfen.

Refuse (ablehnen): Brauche ich etwas wirklich oder ist es nur ein augenblickliches Bedürfnis?

Reduce (reduzieren): Kann ich meinen Konsum reduzieren? Worauf kann ich notfalls verzichten?

Reuse (erneut benutzen): Was lässt sich wieder- und mehrmals verwenden?

Repair: »Ein Stich zur rechten Zeit erspart neun weitere«, sagt ein englisches Sprichwort. Wir sollten Dinge, die kaputtzugehen beginnen, sofort reparieren, bevor die Löcher oder Probleme größer werden und schließlich nichts mehr zu retten ist. Das spart Müll und Herstellungsaufwand.

Recycle: »Schaffe Kreisläufe statt Abflüsse!« Wir lernen, in Kreisläufen zu denken und erschaffen Wertstoffkreis­läufe, bei denen Rückstände genutzter Ressourcen als Nährstoffe in die Natur zurückgeführt werden. Wir produ­zieren, was problemlos wieder in den natürlichen Kreislauf eingehen kann!

7. Gestalte erst Muster, dann Details.

Lenke den Blick auf Grundmuster und Beziehungen, die in Lebensräumen bestehen und entstehen.

Die großen Muster in Natur und Gesellschaft und ihre Details wahrnehmen zu können, ist die Grundlage jedes Verstehens. Das ist die Quelle für Kunst, Wissenschaft und Gestaltung. Dauerhaftes Beobachten vermeidet, dass wir den Blick für das große Ganze verlieren, wenn wir uns den Details widmen. Manchmal ist man so detailverliebt, dass man vergisst, worum es im Gesamten geht. Der schöpferische Akt der Verfeinerung braucht einen klaren Rahmen und eine deutliche Struktur, innerhalb dessen sich seine Gestaltungskunst entfaltet.

Hilfreich bei der Gestaltung eines Lebensraumes ist die Einteilung in Zonen und Sektoren, die um ein Zentrum angeordnet sind – meist das Wohnhaus. Wir beobachten, aus welchen Richtungen Sommer- und Wintersonne einstrahlen, woher kalte oder warme Winde wehen. Wir legen Bereiche mit unterschiedlichen Aufenthalts- bzw. Nutzungsintensitäten fest. Je näher am Zentrum, desto effizienter und intensiver ist unsere Nutzung. Das schafft kurze Wege. Gemüse, Kräutergarten, Gewächshaus und Kompostmieten befinden sich nah am Haus. Tierhaltung und Beerensträucher etwas weiter weg. Obstbäume, Weiden, Felder, Haine und Gewässerzonen am Rande des Lebensraumes.

Dieser Grundsatz ist gleichermaßen auf das Gemeinschaftsleben zu beziehen. Es braucht klare Muster in der Wohnsituation, welche möglichst viele Bedürfnisse abdecken können. Neben Gemeinschaftsräumen berücksichtigen wir das natürliche Bedürfnis nach Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten. Wir gestalten deutlich und sichtbar soziale Sektoren und Bereiche: Gemeinschaftsräume des Projekt-Teams, öffentlich zugängliche Räume für Besucher und Gäste, private Räume und Rückzugszonen.

8. Integriere eher als zu trennen

Den Beziehungen zwischen den Lebewesen Aufmerksamkeit schenken.

Wir wollen stets das Verbindende, Ergänzende und Kooperierende finden. Deshalb fokussieren wir uns nicht auf zwischenmenschliche Konflikte, sondern auf das, was die Konflikte heilen kann. Für diesen positiven Gestaltungsprozess unserer Beziehungen bedarf es der Fähigkeit zur Selbstreflexion. Im Wissen, dass die Ursachen unserer emotionalen Reaktionen in uns liegen und niemand sonst für unser Empfinden verantwortlich ist. Wir untersuchen, wie Impulse, Aktionen und Verhaltensweisen von Menschen, die in uns Widerstand hervorrufen, kreativ gelöst und genutzt werden können. Wir schauen gleichzeitig wie wir solche „Triggerpunkte“ heilen können.

Jedes biologische Wesen bildet einen komplexen Lebenskreis mit unterschiedlichen Eigenschaften, Anforderungen, Bedürfnissen, Funktionen und möglichem Nutzen. Kooperierende oder symbiotische Beziehungen sind in der Natur die Norm. Sie erschaffen durch Annäherung und das aneinander Anpassen komplexe Lebensräume, die einer Vielfalt an Lebewesen ihre Existenz ermöglichen.

In der Permakultur erschaffen wir – durch aufmerksames Beobachten und das Erkennen von effizienten Mustern – Situationen und Bedingungen, in denen Verbindungen, Kooperationen und Symbiosen möglich und gefördert werden. Dabei berücksichtigen wir die Tatsache, dass jedes biologische Wesen mehrere Funktionen erfüllt und jede Funktion von mehreren Elementen abgedeckt wird.

Die Herausforderung des integrativen Aspektes ist, größere Zusammenhänge in natürlichen Systemen wahrzunehmen. Beziehungen und Zusammenarbeit unter den einzelnen biologischen Lebenskreisen vereinfachen die Entfaltung stabiler Lebensräume. Dadurch reduzieren sich unser körperlicher Einsatz und Energieaufwand, minimieren wir Verschmutzungen und vermeiden Abfälle (ungenutzte Produkte).

9. Nutze kleine und langsame Lösungen

Das menschliche Maß und die menschlichen Fähigkeiten als Messlatte für eine humane, demokratische und nachhaltige Gesellschaftsentwicklung nehmen.

Gut Ding will Weile haben. Nur nichts überstürzen. Was sich in der Evolution durchgesetzt hat, hat Tausende von Jahren dauernde Testphasen durchlaufen. Sicherer Tritt entsteht durch kleine Schritte. Sie halten uns im Gleichgewicht und geben uns die Chance, jederzeit auf unvorhergesehene Ereignisse und Situationen angemessen und überlegt zu reagieren. Der Designprozess lässt sich mit Bergsteigen vergleichen.

Qualität, Ertrag und Erfolg reifen langsam. Gerade im Gartenbau bedarf es großer Geduld und Weitsicht, bis unser Einsatz Früchte trägt. Das sind die Anfangsschwierigkeiten. Die können wir geringhalten, wenn wir Phasen, Aufgabenbereiche und Segmente des Projektes definieren. Indem wir uns auf das konzentrieren, was gerade jetzt machbar ist und zur Verfügung steht, erzielen wir kleine Lösungen. Aus den vielen, kleinen, bedächtig gesetzten Schritten erwächst ein großes Ganzes. Kleine Projekte innerhalb des großen Planes sind über­schaubar und lassen sich ohne großen Aufwand an die Bedingungen anpassen. In einem Gartengrund­stück gehen wir Beet für Beet vor. Immer so viel, wie wir bewältigen können.

Ein Grundsatz der Permakultur ist das langsame Vorgehen. Wir denken langfristig und nachhaltig. Wir geben den Dingen ihre Zeit. So bekommen wir ein Gefühl für die langfristigen Folgen unseres Tuns und vermeiden, uns selbst zu überschätzen oder uns mit den anfallenden Aufgaben zu übernehmen. Grundsätzlich gilt: Wenn die verfügbare Energie zunimmt, können Systeme größer werden und Geschwindigkeit aufnehmen. Nehmen Energie und Ressourcen ab, müssen Systeme schrumpfen oder langsamer werden.

10. Nutze und schätze die Vielfalt!

Vielgestaltigkeit ist eine erprobte Überlebensstrategie für alle möglichen Populationen und Arten.

Ein zentrales Ziel der Permakultur ist die Gestaltung und Bewahrung von Vielfalt und Fülle in natürlichen wie auch in menschengemachten Systemen. Vielfalt ist Fülle. Die Vielfalt an Lebensformen innerhalb eines Lebensraumes beinhaltet eine große Menge an Möglichkeiten, ein System gesund und kraftvoll zu halten. Artenvielfalt gestaltet und organisiert komplexe Ökosysteme, in denen einzelne Organismen lebenserhaltende Funktionen für das ganze System übernehmen. Vielfalt bedeutet aber auch, dass für Problemlösungen mehrere, alternative Wege offenstehen. Das System wird flexibel und erhöht seine Resilienz und Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Bedingungen.

Die Gestaltung von Fülle ist ein wesentliches Fundament, um Mangel zu beseitigen. Mangel macht uns bedürftig und gierig. Fülle macht uns hingegen frei von Sorgen und unser Geist kann sich anderen Lebensbereichen zuwenden. Der Kultur. Der Kunst. Der Spiritualität. Erst eine nachhaltige und vielfältige Versorgung erlaubt es dem Verstand, sich Gedanken um die Gestaltung und Verfeinerung eines Lebensraumes zu machen, weiter zu blicken als bis zum eigenen, existenziellen Horizont.

11. Nutze die Randzonen und schätze das Marginale!

Das Bewusstsein für Randzonen schärfen und Wege jenseits allgemeiner Trends gehen.

Randzonen und Marginale (nicht unmittelbar wichtig, randständig) sind Übergangsbereiche zwischen zwei Systemen. In der Natur finden wir beispielsweise beim Übergang vom Land zum Wasser das Ufer oder beim Übergang vom Wald zur Wiese den Waldrand. In diesen Bereichen sind das Leben und die biologische Vielfalt am intensivsten und produktivsten. Lebensbereiche durchmischen sich. Mit einer Vergrößerung der Randzonen lässt sich der Ertrag aus Lebensräumen steigern, ohne diese vergrößern zu müssen.

In extensiv genutzten Übergangszonen wachsen wilde Nahrungsmittel und Ressourcen. Wir stärken unser Bewusstsein für solche randständigen Bereiche eines Lebensraumes. Wälder und Hecken liefern beispielsweise Heiz- und Baumaterial, menschliche Nahrung und Heilkräuter, aber auch unterschiedlichstes Futter für eine Artenvielfalt der Tiere, die wiederum zur Gesunderhaltung des gesamten Ökosystems beitragen. Randzonen beherbergen kraftvolle Unterstützer für den Gartenbau. Es sind Rückzugsbereiche für die Natur und regenerativer Kräfte, welche die intensive Felder-, Weiden- und Waldbewirtschaftung ausgleichen.

Das lässt sich genauso auf Projekte und Beziehungen übertragen. Gerade Projekte leben von den Impulsen, die von außen kommen. Sie können festgefahrene Situationen wieder lösen und helfen, neue Perspektiven und andere Blickwinkel einzunehmen. Sie bringen aber genauso neue Elemente ein, die das Projekt um neue Möglichkeiten bereichern. Neue Gestaltungsfelder, neue Kooperationsmöglichkeiten.

12. Nutze Veränderung & Begegne ihr mit Einfallsreichtum

Wir können unvermeidliche Veränderungen positiv beeinflussen, wenn wir Prozesse sorgfältig beobachten und zum richtigen Zeitpunkt eingreifen.

»Die Dauerhaftigkeit von natürlichen Lebenssystemen, aber auch von menschlicher Kultur, hängt paradoxerweise in weitem Maß von Flexibilität und Veränderung ab.«(Holmgren)

Unsere Intelligenz zeichnet sich dadurch aus, dass sie in der Not erfinderisch wird. Das macht uns zu einem der anpassungsfähigsten Lebewesen. Konfrontationen, Hindernisse, Schwierigkeiten bergen stets eine Chance in sich, wenn wir bereit sind, unser Verhalten zu verändern, damit wir auf Veränderungen angemessen reagieren können. Gehen wir in Widerstand mit den hemmenden Einflüssen, verbrauchen wir zu viel Energie. Diese setzen wir effizienter ein, wenn wir unseren Einfallsreichtum aktivieren. Dann kann nahezu alles ein positiver Impuls, eine positive Ressource sein. Es bedarf einzig unserer Offenheit, die Krise als Inspiration für neue Lösungen zu erkennen. Dabei wählen wir kleine Veränderungen, die wir vornehmen, um nicht zu schnell und unüberlegt zu handeln. Auch hier gehen wir schrittweise vor und vermeiden Übereifer und exzessives Eingreifen in natürliche Systeme. Weniger ist mehr. Kleine Eingriffe können umfangreiche Folgen haben. Verändern wir zu viel auf einmal, verlieren wir die Übersicht und bringen das natürliche Gefüge durcheinander.

 

Permakulturelle Landwirtschaft

  • Die Einrichtung von Zonen, die unterschiedlich intensiv bewirtschaftet werden. Nah am Haus liegen die am intensivsten bewirtschafteten Zonen.
  • Der Bodenverbesserung und Humusbildung mit Kompost, Wurmfarmen, Terra Preta, Biokohle & effektiven Mikroorganismen gebührt besondere Aufmerksamkeit. Ein gesunder, lebendiger Boden ist Grundlage und Voraussetzung für das Wachstum und wertvoller Speicher von Lebenskraft: in Form von Feuchtigkeit, Nährstoffen, Stoffwechsel betreibenden Pilzen, Kleinstlebewesen und Saatgut. Auf nährstoffreichen Böden wachsen kräftige Pflanzen, die wiederum Produzent von Sauerstoff und Speicher für Kohlendioxid sind. Üppiges, artenreiches Wachstum schafft Mikroklimata, die wiederum zur Regulierung des Gesamtklimas beitragen. Solche intensiven, artenreichen Wachstumszonen sind der beste Garant für saubere, energiereiche Luft und somit die erste Pflicht beim Schutz der Atmosphäre und der Erhaltung eines ausgewogenen Klimas.
  • Vielfalt im Garten und auf unseren Feldern entwickelt sich auf humusreichen Böden. Sie ermöglichen das Gedeihen unterschiedlichster Pflanzen, die vielen Tierarten Lebensräume eröffnen. Diese Vielfalt in der Mikronatur unseres Projektes und die harmonisch integrierten Design-Elemente machen den permakulturellen Lebensraum stabil. Er kann auf externe Veränderungen wie Trockenheit, Kälte oder Schädlinge vielseitig, flexibel, rasch und angemessen reagieren.
  • Das Erschaffen von Ressourcen–Kreisläufen. Mit dem Anbau von Pflanzen beginnen wir Kreisläufe in Gang zu setzen. Wir erzeugen Nahrungsmittel und Rohstoffe, aus denen wir wiederum Dinge des täglichen Gebrauchs herstellen. Dabei fallen Rückstände an. Biomasse, die wir durch Kompostierungsprozesse wieder in unseren heiligen Humusboden einbringen, auf dem wir wiederum neue Nutzpflanzen anbauen, womit wir die Vielfalt an zur Verfügung stehenden Rohstoffen weiter erhöhen.
  • Energie wird eingefangen und möglichst effizient genutzt. Dazu errichtet man beispielsweise Teiche, Steinmauern oder Sonnenfallen. Aber auch das Anlegen von möglichst kurzen Arbeits- und Transportwegen bedeutet, Energie zu sparen.
  • Nutzen, was da ist. Material und Energie möglichst regional aus erneuerbaren und sich regenerierenden Ressourcen beziehen.
  • Wasser speichern. Regenwasser wird an der höchsten Stelle des Grundstücks aufgefangen und gespeichert. Auf seinem Weg über das Grundstück passiert das Wasser möglichst viele Zwischenstationen, sodass es effizient genutzt wird. Das Anlegen von Teichen erhöht die Biodiversität und schafft die Möglichkeit, Windkraft-betriebene Pumpen einzusetzen, die einen Wasserkreislauf schaffen. Wasser kann auch als Wärmespeicher genutzt werden. Zudem lässt sich Regenwasser als Brauchwasser für den Haushalt verwenden und kann durch Umkehrosmose und Verwirbelung zu Trinkwasser aufbereitet werden.

Links & Quellen

Permakultur Institut e.V. – bei Köln
Permakultur Info – Permakulturprojekte in Deutschland und weltweit
Permakultur-Akademie – Berlin
Permakulturnetzwerk Bayern
Forschungsinstitut für Permakultur und Transition – Dinkelsbühl
permakultur.net – Austria
Wurzelwerk
Permakultur.Farm

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert